
MINSK, 1. März (BelTA) - Sicherheitsbedrohungen und angehäufte Widersprüche können nicht auf dem Schlachtfeld beseitigt werden. Das sagte der stellvertretende Außenminister von Belarus Juri Ambrasewitsch in seiner Rede auf der Abrüstungskonferenz in Genf.
Am 22. März wird in Belarus ein trauriges Datum gefeiert: Der 80. Jahrestag der Vernichtung von Chatyn, einem Dorf, das symbolisch für mehr als 600 belarussische Dörfer steht, die samt ihrer Einwohner während des Großen Vaterländischen Krieges verbrannt wurden.
„Unser Gedenken ist ein Tribut an die Opfer des Völkermordes, den die deutsche Wehrmacht und die Soldaten mehrerer anderer europäischer Staaten am belarussischen Volk begangen haben. Vor fünf Jahren warnte die belarussische Delegation in diesem Saal am Vorabend des 75. Jahrestags der Tragödie von Chatyn vor der Vorahnung einer großen Katastrophe, eines neuen bewaffneten Konflikts in Europa. Wie wir heute sehen, hat sich das Volk, das jeden Dritten in jenem grausamen Krieg verloren hat, in seiner Annahme nicht geirrt. Damals haben nicht nur Belarussen von solchen Entwicklungen gewarnt, sondern auch viele Experten und vernünftige Politiker aus der ganzen Welt. Schließlich gab es vor fünf Jahren viele Anzeichen für eine wachsende globale Sicherheitskrise“, sagte Ambrasewitsch.
Zu diesen Anzeichen gehörten laut Vizeminister die 20-jährige Ohnmacht der Abrüstungskonferenz und die fast völlige Lähmung des Übereinkommens über biologische Waffen und des Übereinkommens über unmenschliche Waffen, die Demontage des Vertrags über die Abschaffung der nuklearen Mittelstreckenwaffen, die jahrelange Missachtung der legitimen Sicherheitsinteressen der Nachbarländer durch einzelne Länder. „Vor allem in Form der NATO-Osterweiterung und der faktischen Weigerung der USA, über Russlands Vorschläge für Sicherheitsgarantien in Europa Ende 2021 zu diskutieren. Das alles endete mit der Ukraine“, erklärte der Diplomat. „Haben wir in diesem Gewirr von Problemen und Widersprüchen eine Chance, das Gleichgewicht der Interessen wiederherzustellen, das Sicherheitsgleichgewicht wiederherzustellen, den Frieden in die Ukraine und nach Europa zurückzubringen?“
Juri Ambrasewitsch betonte, dass für Belarus, das akute und berechtigte Sorgen um seine Sicherheit hat und gegen westliche Wirtschaftssanktionen zu kämpfen hat, diese Frage berechtigt ist.
„Belarus befindet sich in direkter Nähe zum Schauplatz der militärischen Operation in der Ukraine. Für unser Land ist das eine Frage der Existenz. Jedes Land hat das Recht auf einen rechtzeitigen und angemessenen Schutz seiner Interessen, insbesondere dann, wenn ein Staat der Ansicht ist, dass er mit existenziellen Sicherheitsfragen konfrontiert ist. Für Belarus liegt es auf der Hand, dass es unmöglich sein wird, Sicherheitsbedrohungen zu beseitigen und aufgestaute Widersprüche auf dem Schlachtfeld zu lösen. Im „klassischen“ Krieg wird das nicht möglich sein. Für Belarus ist auch klar, dass die fortschreitende Militarisierung der Ukraine mit immer moderneren und weitreichenderen Waffen das Risiko erhöht, dass neue Staaten in den Konflikt hineingezogen werden und es zu einem direkten Zusammenstoß von Staaten mit Atomwaffen kommen kann. In der globalen Katastrophe wird es nicht mehr darum handelm, wer recht hat und wer nicht“, sagte der stellvertretende Außenminister.
„Ist die derzeitige Architektur der internationalen Beziehungen in der Lage, einen echten heißen dritten Weltkrieg zu verhindern, bei dem es keinen Sieger geben würde?“, frage der Diplomat. „Vielleicht sollten wir alle aktiv nach fähigen und interessierten Akteuren suchen, die von einflussreichen Ländern und internationalen Organisationen vertreten werden, deren friedenserhaltende und einigende Maßnahmen einen globalen zerstörerischen Konflikt verhindern würden. Vielleicht braucht die Welt neue unerwartete Sicherheitsgaranten, asymmetrische Bündnisse und Initiativen. Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit gewinnt an Bedeutung und Gewicht, die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit hat ihre Wirksamkeit bewiesen, die Konferenz über umfassende vertrauensbildende Maßnahmen in Asien ist voller Potenzial, und die BRICS könnte eine besondere Rolle spielen. Denn wenn in der Ukraine oder in Europa etwas schief geht, werden alle darunter leiden. Niemand wird sich verstecken können. Belarus rechnet seit langem mit Schwierigkeiten und hat beharrlich die Aufnahme von Verhandlungen zur Festlegung der politischen und rechtlichen Grundlagen der globalen Sicherheit gefordert. Nach wie vor sind wir fest davon überzeugt, dass es keine Alternative zu Verhandlungen gibt“, betonte der Diplomat.