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24 Dezember 2019, 16:33

Lukaschenko: Weder Belarus noch Russland treten Teile ihrer Souveränität ab

MINSK, 24. Dezember (BelTA) – Die Entwicklung der Staatenunion zwischen Belarus und Russland bedeutet keinesfalls den Verlust von Souveränität. Das erklärte Präsident Alexander Lukaschenko im Interview mit dem Chefredakteur des russischen Hörfunksenders Echo Moskwy (Echo Mokaus) Alexej Wenediktow.

„Hier gibt es keinen Widerspruch. Belarus und Russland sind zwei souveräne unabhängige Staaten. Wir setzen uns aktiv für eine Integration ein, die weder Russland noch Belarus in ihrer Souveränität beeinträchtigt. Was bedeutet eigentlich Souveränität? Es ist die Macht über das Territorium. Wir haben Grenzen, Russland hat Grenzen, die Macht wird innerhalb dieser Grenzen ausgeübt. Und wir treten keinen Teil der Souveränität ab. Weder Russland noch Belarus“, sagte der belarussische Staatschef.

„Für die Integration haben wir Fahrpläne erarbeitet. Das sind 31 Punkte. Der letzte Punkt beinhaltet den Aufbau supranationaler Gremien. Ein gemeinsames Parlament, womöglich ein Präsident usw. Wir haben uns mit Wladimir Putin darüber geeinigt, dass wir dieses Thema überhaupt nicht ansprechen werden. Die dreißig Fahrpläne beziehen sich vor allem auf ökonomische Fragen – Zoll, Wirtschaft, Schutz unseres Raumes und so weiter. Das sind Wege, die wir eh zusammen beschritten haben. Die Basis ist die Wirtschaft. Dazu kommen die Verteidigung, Diplomatie, also Themen, die wir im Unionsstaat anders gestalten als in der EAWU. Und der 31. Fahrplan betrifft den Aufbau eines Bündnisses, in dem es supranationale Gremien und Stellen gibt.“

Alexander Lukaschenko sagte, er und Wladimir Putin hätten sich bereits bei den Gesprächen in Sotschi abgesprochen, dass der letzte Fahrplan außerhalb jeder Diskussion stehe. Leider gebe es immer wieder Versuche, auch in Russland und sogar in der russischen Regierung, diesen einzigen Punkt vor alle anderen zu setzen und zum Kernstück der gesamten Integrationsbemühungen zu machen, gab Lukaschenko zu.

In Russland und in Belarus würden derzeit allerlei Verschwörungstheorien angestellt, wer in Russland nach 2024 und in Belarus nach Lukaschenko an die Macht gelangen werde. Diese Frage beunruhige die beiden Staaten, weil sie ohne einander nicht existieren könnten. Russland wolle Belarus nicht verlieren, soll Wladimir Putin einmal gesagt haben.

Der belarussische Staatschef glaubt, dass es unter den gegenwärtigen Umständen „absolut unrealistisch und unmöglich“ ist, dass Russland Belarus verlieren werde. „Das steht überhaupt nicht zur Diskussion. Russland wird niemals einen Krieg gegen Belarus anzetteln, wie manche denken. Warnbotschaften bekomme ich vor allem aus dem Westen. Dort heißt es: nach der Ukraine folgt Belarus“, sagte der belarussische Präsident.

Die Beziehungen zwischen Belarus und Russland seien frei von allerlei „revolutionären“ Gedanken.

Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland waren noch lange vor der eigentlichen Krise durch allerlei Problemfragen (Sprache, nationale Frage) geprägt. „Das war ein Bündel von Widersprüchen, der mit der Zeit nur immer größer wurde. Präsident Janukowitsch wurde gestürzt, er suchte im Donbass nach Halt und Verständigung, fand dort weder das eine noch das andere. Aber seine Ideen waren nicht verschwunden. Die Konfrontation mit Kiew war der Beginn des gesamten Chaos. Das geschah vor meinen Augen. Ich kann das nicht vergessen“, stellte der Präsident fest.

„Ich rechtfertige weder russisches Handeln, noch mache der Ukraine irgendwelche Vorwürfe. Nur hat die Ukraine in der ganzen Situation meiner Meinung nach einen wenn auch sehr kleinen Anlass zur Auseinandersetzung gegeben“, glaubt Alexander Lukaschenko.

Lukaschenko führte aus, unter welchen Bedingungen eine stärkere Integration mit Russland möglich istLukaschenko führte aus, unter welchen Bedingungen eine stärkere Integration mit Russland möglich ist
Auf die Frage des Journalisten, worauf diese Reaktion zurückzuführen ist, erwiderte der Staatschef: „Sie müssen in Russland Lukaschenko nicht an die große Glocke hängen.“

Auf die Frage, warum sich Belarus hypothetisch von Russland abwenden könnte, sagte der Präsident: „Das könnte der Fall sein, wenn Russland uns immer wieder unter Druck setzen würde, etwa in Puncto Gas und Öllieferungen. Wenn wir jedes Jahr diese Frage immer wieder neu regeln müssten. Und wenn in den russischen Medien Belarus aufs Neue als Trittbrettfahrer oder als Klotz am Bein dargestellt wird, als eine Nation, die immer bittet und bettelt und nichts hergibt, dann könnten wir sagen: „Danke, es reicht!“

Alexander Lukaschenko betonte, dass nicht nur Russland Belarus eine gewisse Unterstützung gewährt, sondern auch Belarus eine große Anzahl von Dienstleistungen für die russische Seite erbringt. Diese Information präsentierte das belarussische Staatsoberhaupt unter anderem bei den jüngsten Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin.

Der Präsident fügte hinzu, dass in der russischen Staatsführung keine Dummköpfe sitzen, sondern pragmatische Menschen, die Belarus auch nicht umsonst helfen. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind nach dem Schema gebaut „Sie tun etwas für uns, wir tun etwas für Sie.“

Lukaschenko erzählt über Details der Öl- und Gasverhandlungen mit RusslandLukaschenko erzählt über Details der Öl- und Gasverhandlungen mit Russland
Der Journalist fragte den belarussischen Staatschef, was er von seinem Image in den russischen Medien halte. Nach mehreren Gesprächen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin werde Alexander Lukaschenko nämlich als ein „launischer Politiker“ bezeichnet.

Wenediktow: Moskau hat großen Informationshunger nach belarussischer Auffassung von IntegrationWenediktow: Moskau hat großen Informationshunger nach belarussischer Auffassung von Integration
Es gibt in Moskau wirklich einen großen Informationshunger danach, welche Position Belarus im Verhandlungsprozess über die Integration vertritt. Präsident Lukaschenko hat wenig Kontakt zu den russischen Medien.

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