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22 Februar 2022, 16:29

Dsermant: Mit Staaten, die nichts von unseren Werten halten, gehen wir verschiedene Wege

MINSK, 22. Februar (BelTA) – Die Republik Belarus distanziert sich im geopolitischen Raum von den Ländern, die die historische Wahrheit und die belarussische Wertevorstellungen nicht respektieren. Diese Meinung äußerte Politikwissenschaftler Alexej Dsermant zur Eröffnung der nächsten Belarussischen Debatten-Liga.

Belarus und die EU-Staaten befinden sich heute auf gegenüberliegenden geopolitischen Polen, sagte der Politologe. Das hängt mit der unterschiedlichen Wahrnehmung der traditionellen Werte zusammen. „Meiner Meinung nach fehlen im Verfassungsentwurf einige Dinge, die mit unserer geopolitischen Orientierung zusammenhängen. In vielen Staaten wird bereits im Grundgesetz verankert, dass sie eine Vollmitgliedschaft in der euroatlantischen Gemeinschaft anstreben, zum Beispiel Litauen und die Ukraine. Eine aktive Teilnahme der Republik Belarus an der eurasischen Integration ist eine eher neutrale Norm, die die Republik Belarus nicht an bestimmte Vereinigungen bindet, sondern unseren Vektor demonstriert. Diese Norm wurde nicht in den Verfassungsentwurf aufgenommen, aber unser Bezugspunkt in den internationalen Beziehungen bleibt derselbe. Es gibt eine Reihe anderer Normen, die uns ganz klar von der Europäischen Union trennen“, so Alexej Dsermant.

„In einigen ost- und westeuropäischen Staaten werden die historischen Ereignisse anders wahrgenommen als in Belarus. Ich rede vom Zweiten Weltkrieg und der historischen Erinnerung. Wir schreiben im Grundgesetz vor, dass wir die historische Wahrheit und die Wahrheit über die Heldentat des belarussischen Volkes im Großen Vaterländischen Krieg zu schützen haben – das steht im unmittelbaren Widerspruch zu den europäischen Wertevorstellungen. So stimmte das Europäische Parlament 2019 mehrheitlich für eine Entschließung, in der die Sowjetunion und das Hitlerdeutschland zu totalitären Regimen erklärt werden. Darüber hinaus wird den beiden Staaten gleiche Schuld an der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges gegeben. Die Entschließung sieht des weiteren eine Liquidierung der Kriegsdenkmäler vor, die mit den totalitären Regimen etwas zu tun haben. Und solche Praktiken sind in Osteuropa weit verbreitet“, sagte der Politikwissenschaftler. „Es geht nicht nur um die Zerstörung von Denkmälern, die zu Ehren der sowjetischen Führer errichtet wurden, sondern auch um Soldatendenkmäler, weil die sowjetische Soldaten der Entschließung zufolge Vertreter eines totalitären Regimes waren. Diese Norm spiegelt die derzeit in der Europäischen Union vorherrschenden Trends wider. Zuerst wurde sie von den Osteuropäern proklamiert: Polen, Rumänien, Litauen, Lettland und Ungarn. Auch in der Ukraine steht sie in voller Blüte. Nun wird sie auch von den westeuropäischen Hauptstädten akzeptiert, die früher die Bastionen der mehr oder weniger objektiven historischen Wahrheit waren. Wir können sehen, wie die Osteuropäer ihren westlichen Nachbarn eine Sichtweise der historischen Erinnerung aufzwingen.

Am 8. Mai wird in Europa der Tag der Versöhnung gefeiert. Mit wem versöhnen sie sich? Mit Nazis, mit Kollaborateuren? Am 9. Mai feiern wir den Tag des Sieges des sowjetischen Volkes über Faschismus und Nazismus. Dementsprechend machen wir unsere Werte in unserer Verfassung deutlich.“

Alexej Dsermant betonte, dass wir mit der Interpretation der europäischen Identität, die heute in der Europäischen Union angenommen wird, nicht einverstanden sind.

„Gleichzeitig stehen die Staaten, die aus unserer Sicht eine objektivere Einschätzung haben, für den Schutz der historischen Wahrheit. Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass die Revision der Rollen im Zweiten Weltkrieg mit der Revision seines Ergebnisses beginnen wird, was das strategische Ziel dieses Prozesses ist. Damit akzeptieren wir in unserer Verfassung einen bestimmten Entwicklungspol, der nicht mit dem Pol der Europäischen Union übereinstimmt. Das bedeutet, dass wir unseren eigenen Werteraum haben“, sagte der Politikwissenschaftler.

Die in der geänderten Verfassung enthaltene Definition von Ehe als Bund zwischen Mann und Frau kommentierte Dsermant wie folgt: „Diese Norm entspricht auch nicht der Auffassung der Europäischen Union von Familienwerten. Aus diesem Grund sollte Belarus dem östlichen Entwicklungsvektor besondere Aufmerksamkeit schenken. Das Gleiche gilt für die Familienwerte. Wir alle können sehen, wie die Institution der Familie heute in den Ländern Westeuropas diskreditiert wird. Und die Tatsache, dass unsere Verfassung eine bestimmte Auswahl an Werten proklamiert, verbindet uns mit den eurasischen Staaten“.

Deshalb sind diese Dinge nach Ansicht des Experten für die ideologische und geopolitische Selbstbestimmung des belarussischen Staates äußerst wichtig. „Wir können nicht den Weg dieser Länder gehen, die die historische Wahrheit nicht respektieren und unsere Sicht der traditionellen Werte nicht berücksichtigen. Deshalb ist es notwendig, diese Normen in der Verfassung zu verankern. Das ist unsere Erklärung. Wenn sich die Europäische Union zu ihren Werten bekennt, können wir uns das auch leisten. Unsere Verfassung und unser Referendum sind in Westeuropa bereits kritisiert worden. Wir sehen, dass nach dem versuchten Staatsstreich im Jahr 2020 der kollektive Westen ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen unser Land verhängt. In gewissem Sinne müssen wir den alten Begriff der Multilateralität aufgeben, denn der westliche Vektor hat sich uns gegenüber als feindlich erwiesen. Es sollten Anstrengungen unternommen werden, um den östlichen Vektor populärer und verständlicher für unsere Gesellschaft zu machen. Wenn wir die europäischen Normen zum Vorbild nehmen, bedeutet das, dass wir unseren Staat untergraben“, resümierte Dsermant.

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