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11 Februar 2022, 12:51

Sukalo: "Es wird vorgeschlagen, das Recht auf Anfechtung allerlei Gerichtsurteile einzuräumen.“

MINSK, 11. Februar (BelTA) – In Belarus ist eine Reihe von Gesetzesentwürfen ausgearbeitet, um die Qualität und Schnelligkeit der nationalen Rechtsprechung zu verbessern. Insbesondere wird es vorgeschlagen, das Recht einzuräumen, ausnahmslos alle Gerichtsbeschlüsse, einschließlich der Urteile des Obersten Gerichtshofs, anzufechten. Drüber berichtet der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Valentin Sukalo bei einer Besprechung mit dem Präsidenten über den Gesetzentwurf zur Änderung der Strafprozessordnung, wie BELTA mitteilt.

"Heute liegt ein Gesetzentwurf vor, der die Qualität der Strafprozessordnung verbessern und das Recht auf eine ausnahmslose Überprüfung allerlei Gerichtsbeschlüsse, einschließlich der Urteile des Obersten Gerichtshofs, in vollem Umfang verwirklichen soll", so der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes.

Ihm zufolge besteht der Gesetzentwurf aus zwei Teilen. Der erste Teil legt eine vollständige Einführung von Berufungen auf allen Gerichtsebenen, einschließlich beim Obersten Gerichtshof aus. Der zweite Teil ist umfangreicher und betrifft die Einrichtung neuer Institutionen im Strafverfahren und die Verbesserung der nachfolgenden Phasen des Gerichtsverfahrens, wobei es um die gerichtliche Überwachung geht, in der die Rechtmäßigkeit von rechtskräftigen Urteilen nach ihrem Inkrafttreten überprüft wird.

"In den letzten 10 Jahren haben wir konsequent und sehr behutsam die Berufung als Rechtsmittel in Strafverfahren eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit von nicht in Kraft getretenen Gerichtsentscheidungen. In der Regel wird jedes fünfte Urteil auf diese Weise angefochten. Die Mehrzahl der Urteile, etwa 80 %, fällt jedoch nicht unter Berufung. Das erfordert natürlich eine weitere Stufe zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Gerichtsentscheidungen und zwar von den schon in Kraft getretenen Urteilen", betonte der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs.

Für einen breiten Kreis der Nichtfachleute, erläuterte Valentin Sukalo den Unterschied zwischen einer Berufung und Kassation. Erstere beinhaltet die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Gerichtsurteilen, die zwar gefällt, aber noch nicht in Kraft getreten sind. Wenn ein Rechtsmittel eingelegt wird, besteht die Möglichkeit, das Urteil bei einer Berufungsinstanz zu überprüfen, ohne dass der Fall ans Gericht zurückzuverweisen ist. Das unterscheidet sich grundlegend von der Kassation, bei der es um die Überprüfung bereits in Kraft getretenen Gerichtsurteile geht, auch wenn diese schon vollstreckbar sein mögen.

Das Institut der Berufung ist in Belarus vollständig eingeführt worden, stellt Valentin Sukalo fest. Dadurch ist es uns in letzter Zeit gelungen, die Zahl der wiederholten Gerichtsverhandlungen zu verringern. Nur 45 von 7,5 Tausend Fällen, die im letzten Jahr in Berufung gingen, wurden zur erneuten Verhandlung an die Gerichte der ersten Instanz verwiesen.

Und zwischen 2012, als bestimmte Berufungselemente ins Strafverfahren eingeführt worden waren, und 2021, nachdem die Berufungsordnung im Strafverfahren abgeschlossen war, ging die Zahl der aufgehobenen Urteile erstinstanzlicher Gerichte mit Verweis auf eine erneute Prüfung um das 13-fache zurück.

Es geht nun darum, das Rechtsmittelverfahren auf die Urteile des Obersten Gerichtshofs zu übertragen. Derzeit sind sie endgültig und nicht anfechtbar und treten sofort in Rechtskraft. Zu diesem Zweck soll dem Gesetzentwurf zufolge ein spezielles Berufungsgremium beim Obersten Gerichtshof eingerichtet werden. "Wir haben einen Mechanismus für die Einrichtung dieser gerichtlichen Instanz und ihren Aufbau ausgearbeitet. Dafür braucht man keine zusätzlichen Haushaltsmittel oder strukturellen Veränderungen, sondern es wird auf Kosten der bestehenden Anzahl von Richtern des Obersten Gerichtshofs geschaffen", verdeutlichte Valentin Sukalo.

"Auf diese Weise setzen wir das in der Verfassung verankerte Recht unserer Bürgerinnen und Bürger auf Anfechtung aller Gerichtsurteile unabhängig von der Instanz vollständig um", betonte Valentin Sukalo.

Um das Recht einzuräumen, Rechtsmittel gegen bereits in Kraft getretenen Gerichtsentscheidungen einzulegen, wird im Gesetzentwurf die Einrichtung einer Kassationsinstanz vorgeschlagen. Es wird vorgeschlagen, dass die Überprüfung von Kassationsfällen der Zuständigkeit der Präsidien der Regional- und Stadtgerichte von Minsk und des Gerichtsausschusses für Strafsachen des Obersten Gerichtshofs zukommt.

"Das Gericht verfügt über vier Aufsichtsinstanzen, die die rechtskräftigen Urteile überprüfen. Laut Gesetzentwurf müssen da erst zwei sein, aber die Qualität und das Niveau der Überprüfung von Fällen sind deutlich zu verbessern . Es handelt sich um eine internationale Norm, eine Regel, die in allen postsowjetischen und europäischen Rechtssystemen angewandt wird", sagte der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs. So, es wird vorgeschlagen, dass die aufsichtsrechtliche Überprüfung von Strafsachen bei der obersten Gerichtsinstanz, dem Obersten Gerichtshof, erfolgen soll.

"Unserer Meinung nach ist das eine optimale Lösung. Wir sind dabei, unser Gerichtsverfahren mit denen der EAWU und anderer postsowjetischer Länder zu synchronisieren. Darüber hinaus wollen wir die Fehler, die bei der Reform der Justizsysteme anderer GUS-Staaten gemacht wurden, berücksichtigen. Und wir haben unsere eigenen positiven Erfahrungen gemacht. Seit 10 Jahren funktionieren die Wirtschaftsgerichte in einem solchen Format und nach solchen Grundsätzen. Heute ist es wichtig, dass wir nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die straf- und zivilrechtliche Rechtsprechung in dieselbe Ordnung einbeziehen. Das ist sehr wichtig und bringt uns bei der Reform des gesamten nationalen Justizwesens sicherlich weiter“, so Valentin Sukalo.

Laut Valentin Sukalo ist ein entsprechender Gesetzentwurf bereits ausgearbeitet und zur Prüfung in die Präsidialverwaltung eingereicht. Es geht dabei um den Übergang zu denselben Gerichtsverfahren in Zivilsachent, welche derzeit in Wirtschaftsgerichten angewandt werden.

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