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17 Mai 2021, 10:41

„Uns lief es kalt den Rücken hinunter“: Ermittler graben Überreste erschossener Belarussen aus

MINSK, 17. Mai (BelTA) – Die ersten Ermittlungsergebnisse im Strafverfahren wegen des Völkermordes an der belarussischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg liegen die Vermutung nahe, dass die als offiziell geltenden Zahlen der getöteten Zivilisten viel höher ausfallen werden. Der Generalstaatsanwalt der Republik Belarus Andrej Schwed erzählte dem TV-Sender Belarus 1 über die schrecklichen Funde der Ermittler.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat eine groß angelegte Arbeit zur Ermittlung des Strafverfahren eingeleitet: Mit Ausgrabungen, Suche und Befragung von Augenzeugen, Archivrecherchen und Einbeziehung bekannter Historiker.

Nach Angaben von Andrej Schwed zeugen die Ausgrabungen an einigen Massenvernichtungsorten davon, dass das Ausmaß der Tragödie bis heute nicht vollständig bekannt ist.

„In der Nähe von Logoisk, wo wir die erste Inspektion eines Massenvernichtungsortes starteten und aufgrund der uns vorliegenden Archivdaten damit rechneten, nur einen Graben mit toten Frauen, Kindern und alten Menschen zu finden, haben unsere Kriminalisten mehrere Gräben entdeckt. Sie waren bis zu 5 Meter tief. Und die Zahl der Opfer übersteigt bei weitem die Informationen aus Archiven und anderen Quellen, die wir von unseren Bürgern erhalten haben. Ich sage mehr: Bei den ersten Ausgrabungen lief es den erfahrenen Ermittlern, Staatsanwälten und Kriminaltechnikern kalt den Rücken herunter bei dem Bild, das sich ihnen bot. Die Menschen lagen in Schichten übereinander, Mütter umarmten ihre Babys, alle hatten Einschusslöcher am Hinterkopf – es schauderte alle, die diese Gräber sahen. Diese Massenerschießungen zeugen vom Zynismus und Brutalität des NS-Regimes. Sie zeigen aber auch das Ausmaß der Tragödie und die Tatsache, dass die offizielle Geschichtsschreibung unseres Landes meiner Meinung nach weit von den wahren Zahlen der Toten entfernt ist“, sagte Andrej Schwed.

In Belarus gebe es heute keinen Ort, der nicht von dieser Katastrophe betroffen gewesen sei. „Wir haben heute Daten über Hunderte von bisher unbekannten oder wenig bekannten Massenvernichtungsorten“, sagte der Generalstaatsanwalt. Die einfachen Menschen wenden sich an die Ermittlungsbehörden, auch schriftlich, und berichten über immer neue Orte. Daher gibt es noch viel Arbeit, um die Informationen zu verarbeiten, die Zahl der neuen Stätten und Opfer zu erfassen.“

Die Generalstaatsanwaltschaft verfügt über Informationen zu noch lebenden Nazi-Verbrechern, die als Mitglieder von Strafbataillonen an Mordeinsätzen auf dem belarussischen Boden teilnahmen. „Vor allem die Bataillone der Litauischen SS und der Krajowa Armee. Jetzt bereiten wir entsprechende Materialien vor und werden eine Anweisung für Rechtshilfe an diese Staaten senden, damit die zuständigen Behörden gegen diese Personen Strafverfahren einleiten“, fügte Andrej Schwed hinzu.

Er erinnerte daran, dass der Völkermord keine Verjährungsfrist hat: Täter müssen vor Gericht gestellt werden.

Darüber hinaus plant die Generalstaatsanwaltschaft, in Kürze „ausreichende Beweise beim internationalen Tribunal einzureichen, um das Verfahren zur offiziellen Anerkennung des Völkermordes am belarussischen Volk während des Großen Vaterländischen Krieges zu beginnen.“

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