
In den Archiven des Heimatmuseums in Kostjukowitschi haben wir ein seltenes Foto gefunden, das auf den März 1941 datiert ist. Darauf sind glückliche Schüler der 10. Klasse der Mittelschule Kostjukowitschi zu sehen. In diesem Augenblick hätte keiner von ihnen gedacht, dass dieser Abschluss-Jahrgang in die Geschichte eingehen wird: Nur ein Paar tage nach dem Abschlussball werden viele der jungen Männer, die auf diesem Foto zu sehen sind, ihre Schuluniformen ablegen und Militäruniformen anziehen, um an die Front zugehen und das Heimatland zu verteidigen. Unter ihnen war auch Lew Melnikow, der zukünftige Staatsanwalt des Gebiets Mogiljow und Teilnehmer der Siegesparade in Moskau.
Die Schlacht um Stalingrad
Dieser Artikel erblickte das Licht vor allem dank unserer Leserin Ljudmila Konowalowa aus Mogiljow. Als sie erfuhr, dass wir nach den Teilnehmern der Siegesparade in Moskau 1945 suchen, kontaktierte sie die Redaktion und erzählte, dass sie vor einigen Jahrzehnten das Glück hatte, unter der Leitung eines solchen Mannes zu arbeiten. Er war der Staatsanwalt der Region Mogiljow von Januar 1967 bis April 1980. Er hieß Lew Markowitsch Melnikow.
„Er war der erste Staatsanwalt des Gebiets, ich habe unter seiner Führung gearbeitet. Leider nicht lange, denn kurz nach meiner Anstellung war er gestorben. Ich habe der Redaktion wenig über ihn zu erzählen, denn er hat mir wenig vom Krieg erzählt. Ich weiß nur, dass er an der Siegesparade 1945 in Moskau teilgenommen hat. Aber er war ein wunderbarer Mensch und ein echter Profi: ehrlich, gerecht, verantwortungsvoll. Sie sollten unbedingt über ihn schreiben,“ sagte Ljudmila Konowalowa.
Leider hatten wir außer dem Namen und dem Arbeitsplatz praktisch keine Informationen über diese Person. Deshalb haben sich nicht nur Journalisten, sondern auch die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Mogiljow und die Lehrer seiner Schule auf die Suche nach jenen Personen gemacht, die den Kriegsbveteranen kannten. Es ist uns jedoch nicht gelungen, Kollegen oder Verwandte des Teilnehmers der Siegesparade zu finden, was nicht verwunderlich ist, denn seit seinem Tod sind 45 Jahre vergangen. Aber in den Fonds des Heimatmuseums Kostjukowitschi befindet sich ein Ordner mit Dokumenten und Fotos aus dem Familienarchiv des Veteranen, die Lew Melnikow wahrscheinlich persönlich an das Museum übergeben haben soll. Dank diesen Informationen konnten wir nicht nur den Kampfweg des Kämpfers wiederherstellen, sondern haben von seinen Heldentaten erfahren.
Lew Markowitsch wurde am 22. April 1923 in der Stadt Kostjukowitschi im Gebiet Mogiljow geboren. Im Jahr 1941 absolvierte er die Mittelschule. Seine Klasse ging wie Tausende andere in der ganzen UdSSR als „Feuriger Jahrgang 1941“ in die Geschichte ein: Diese Jungs verließen die Schulräume und fanden sich auf Schlachtfeldern wieder, viele erhielten Vorladungen zum Militär-Kommissariat zusammen mit den Abschlusszeugnissen. Am 12. Juli 1941 wurde Lew Melnikow in die Rote Armee einberufen, und seit dem 25. August 1942 war er in der aktiven Armee. Er kämpfte an vielen Fronten: bei Stalingrad, an der Steppenfront, an der 4. ukrainischen Front und der 2. baltischen Front.
Seine Kameraden haben ihn als einen der erfahrensten Funker in Erinnerung behalten. „Er kam als gewöhnlicher Funker zu uns in die Einheit. Die ersten ernsthaften Prüfungen musste er an der Wolga bei Stalingrad bestehen“, schrieb sein Kollege, Oberleutnant Noskow, über ihn. Zur gleichen Zeit erhielt der Funker Melnikow eine der ersten Auszeichnungen - die Medaille „Für die Verteidigung von Stalingrad“

Verbindung nicht unterbrechen!
Bald wurde Lew Melnikow Funker der 2. Klasse, Chef der Rundfunkstation des 120. einzelnen Garde-Fernmeldebataillons der 87. Garde-Schützendivision. „In einem Kampf befand sich der Abteilungskommandant in einer kritischen Position: Die Drahtverbindung wurde gleich an mehreren Stellen unterbrochen. Es war unmöglich, es wiederherzustellen, da die Deutschen fast von allen Seiten durchdrungen waren. Das einzige Kommunikationsmittel war das Funkgerät von Lew Melnikow - und er hielt die Verbindung kontinuierlich aufrecht, ohne auf das heftige Feuer des Feindes zu achten“, schrieb der Oberleutnant Noskow.
Nach den Erinnerungen seiner Kampfkameraden funktionierte das Melnikows Funkgerät während der ganzen Zeit der Kampfeinsätze, egal in welcher schwierigen Situation. Es funtionierte wie eine Uhr, ununterbrochen. In den Kämpfen um Stalingrad und Sewastopol hielt er bei der Erstürmung von Königsberg ununterbrochen die Verbindung mit den Kommandanten des Korps.
Im Mai 1944 erhielt Lew Melnikow die nächste hohe Auszeichnung, den Orden des Roten Sterns. In der Begrpndung lesen wir: „In den Kämpfen um Stalingrad hielt er an der Linie Perekop - Imun ununterbrochen die Verbindung zwischen dem Divisionskommandeur und dem Corps-Kommandanten. Am 28. April 1944 wurde er bei den Kämpfen in der Nähe von Sewastopol verwundet. Der Kommandant hat ihm befohlen, ins Krankenhaus zu gehen, aber Lew bat ihn darum, die Behandlung direkt an der Frontlinie durchzuführen. Nach drei Tagen kehrte er in den Dienst zurück. Vor der endgültigen Niederlage der deutschen Truppen auf der Krim hielt ich unter einem starken Beschuss mit Mörsern ununterbrochen Funkkontakt mit dem Kommandanten des Korps.“

Lew Markowitsch Melnikow wurde einer von mehreren hundert belarussischen Frontmänner, die am 24. Juni 1945 an der Siegesparade in Moskau teilnahmen.
Nach dem Krieg bewarb sich unser Held um einen Studienplatz am Leningrader Juristischen Kalinin-Institut, das er 1950 mit Auszeichnung absolviert hat. Ein paar Monate später begann er seinen Beamtendienst. Zuerst als Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft in Bychow, später als Anwalt der Ermittlungsabteilung, Leiter der Abteilung für die Überwachung von Milizen, Leiter der Ermittlungsabteilung der Staatsanwaltschaft und stellvertretender Staatsanwalt des Gebiets. Nachher hatte er 13 Jahre land das Amt des Staatsanwaltes des Gebiets Mogiljow inne.

Lew Markowitsch Melnikow wurde mit den Orden des Roten Sterns, des Roten Banners, den Medaillen "Für die Verteidigung Stalingrads", "Für die Einnahme von Königsberg" und "Für den Sieg über Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945" ausgezeichnet. Er war verdienter Staatsanwalt der BSSR und staatlicher Justizberater der 3. Klasse.