
MINSK, 29. April (BelTA) – Der versuchte Staatsstreich in Belarus 2020 war gescheitert, weil sich die Menschen in Belarus als sehr vernünftig erwiesen haben. Diese Meinung äußerte russische Politikwissenschaftlerin und Orientalistin Karine Geworgjan in einem Gespräch mit BelTA.
„Ihre Opposition, die auf die Straße gegangen war, benahm sich wie eine totalitäre Sekte. Irrational und verbissen. Aber auch sie hat es nicht geschafft, die Vernünftigkeit der Belarussen zu besiegen. Außerdem gab es das Beispiel der Ukraine. Die Belarussen haben erkannt, dass sie diesen Wahnsinn nicht brauchen. Die Nüchternheit des belarussischen Volkes hat die Oberhand gewonnen. Leider war die Ukraine zum Opfer dieses Wahnsinns gefallen“, so Karine Geworgjan.
Auch die so genannte liberale Intelligenz in Russland kann man als totalitäre Sekte bezeichnen, meint die Politikwissenschaftlerin: „Unsere Intelligenz in Russland schimpft angeblich auf Putin, bezeichnet aber in Wirklichkeit die Menschen, die Putin folgen, als Lakaien. Das ist ein Merkmal einer gnostischen Sekte. Gnostiker verfügen angeblich über eine Art historisches Wissen, das die dunkle Masse nicht hat. Sie benehmen sich auch so, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie alle wissen, was Gnostizismus ist. Aber sie verhalten sich wie eine totalitäre gnostische Sekte.“
Karine Geworgjan betonte, dass solche Leute nicht gewohnt sind, etwas anzuzweifeln, während ein normaler Mensch immer die Dinge kritisch betrachtet. „Wir leben in den Ländern, wo wir für unsere freie Meinung und konstruktive Kritik an die Adresse der Regierung oder gar der Staatschefs keine Strafe bekommen. Aber gleichzeitig würden wir nie auf die Idee kommen, uns so zu verhalten wie sie. Wenn man sie fragt, warum Lukaschenko oder Putin gehen sollten, geben sie uns keine Antwort. Und wenn ich sie sehr höflich frage, ob sie als Staatschefs arbeiten würden, sagen die meisten „Nein“. Sie halten die Staatschefs für schlechte Menschen, die ihre Ämter zu lange bekleiden. Aber jene Leute, die ihrer Meinung nach die heutigen Präsidenten abläsen sollen, verfügen über keine notwendigen Kompetenzen“, sagte Karine Geworgjan.
Nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin müssen die Staatsoberhäupter in der Lage sein, die Menschen zu verstehen und ein Gleichgewicht zwischen Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Interessen herzustellen, um das Land zu erhalten und weiterzuentwickeln. „Es gibt Machtstrukturen, interne Probleme und externe Konturen. Und ein Staatsoberhaupt sollte zumindest in einem Bereich kompetent sein. Als Vertreter der Staatsmacht, des Militärs, der Wirtschaft. Optimal wäre es, wenn er sich in allen Bereichen gleichzeitig auskennt. Jelzin hatte zum Beispiel überhaupt keine Ahnung davon, wie die militärische Sicherheit funktioniert. Aber er war angeblich ein guter Mensch. Man kann einen netten und gut aussehenden Menschen zum Präsidenten wählen, aber bald darauf wird kein Wasser mehr aus dem Wasserhahn fließen“, resümierte die Expertin.