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09 April 2025, 19:00

„Trostenez: Ein Fließband des Todes“. Wozu soll nach Ansicht von Lukaschenko KZ Trostenez die Welt ermahnen

Am 22. Juni 2015 wurde die Gedenkstätte Trostenez eröffnet. Es fand die Gedenkfeier „Die Pforte der Erinnerung“ statt. Ein Jahr zuvor hatte Alexander Lukaschenko an diesem Ort an der Einmauerung der Gedenkkapsel teilgenommen. Damals erklärte der Präsident, dass „die Gedenkstätte zu einem Objekt von gesamteuropäischer Bedeutung werden sollte, das den menschenverachtenden Charakter des NS-Regimes gegenüber der europäischen Zivilbevölkerung offenbart.“ In dieser Ausgabe von „Postfactum: Beschlüsse des Ersten“ erzählen wir darüber, wer im Konzentrationslager Trostenez ermordet wurde, wo die Asche der von den Nazis ermordeten Menschen aufbewahrt wird und wie das Informationszentrum auf dem Territorium der Gedenkstätte aussehen wird.
Wie entstand auf dem Gelände des KZ Trostenez eine Gedenkstätte?


Das Zwangsarbeiterlager in der Nähe des Dorfes Maly Trostenez entstand Ende April 1942 auf einem 200 Hektar großen Gelände. Dort befanden sich Baracken, wo Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen lebten und arbeiteten. Im Juni 2015 nahm Alexander Lukaschenko an der Gedenkveranstaltung „Die Pforte der Erinnerung“ anlässlich der Eröffnung der Gedenkstätte Trostenez teil. Der Präsident erinnerte daran, dass hier, in der Nähe des belarussischen Dorfes Maly Trostenez, das größte Konzentrationslager im besetzten Gebiet der Sowjetunion eingerichtet wurde.
„Das Herz zieht sich vor Schmerz zusammen, wenn man sich das Ausmaß der Gräueltaten und NS-Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorstellt“, sagte Alexander Lukaschenko damals. „In Zügen wurden Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen nach Minsk verschleppt. Nicht nur unsere Landsleute, sondern auch Europäer – Menschen aus Polen, Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei. Ein furchtbares „Fließband des Todes“ wurde hier errichtet. Im nahegelegenen Waldstück Blagowschtschina fanden Massenerschießungen statt, im Wald Schaschkowka wurden die Leichen verbrannt“.
Der erste Bauabschnitt des Erinnerungsortes Trostenez wurde am ehemaligen Ort des Zwangsarbeiterlagers errichtet. Hier befindet sich die höchste Bronzekomposition „Die Pforte der Erinnerung“. Die Jury des republikanischen Wettbewerbs wählte sie aus 20 Werken aus. Konstantin Kostjutschenko wurde zum Sieger gekürt. Der junge Bildhauer wurde von Michail Sawizki beraten, Volkskünstler der UdSSR, Held von Belarus, der drei Konzentrationslager erlebte.

„Die Fundamente der Baracken, die hier noch erhalten geblieben waren, wurden restauriert. Das Lager selbst entstand auf dem Gelände der ehemaligen Kolchose „Karl Marx“. Die verbliebenen Strukturen wurden von den Nazis in ein Konzentrationslager umgewandelt“, erklärt Direktor des Belarussischen Kulturzentrums für geistige Wiedergeburt Alexander Gostew.

Wie viele Menschen wurden im KZ zu Tode gefoltert?

Nach offiziellen Angaben wurden in Trostenez mehr als 206 Tausend Menschen getötet. In den letzten Jahren hört man immer öfter die Zahl 546 000.

„Nach den aktualisierten Angaben ist Trostenez das viertgrößte Konzentrationslager der Welt, was die Zahl der Opfer angeht, und das größte auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Über eine halbe Million Menschen wurden hier ermordet. Können Sie sich das Ausmaß vorstellen, was für eine Todesfabrik hier die Nazis organisiert haben?“, fragte Alexander Gostew.

Seit zehn Jahren wird an der Ermittlung der Namen der Opfer des Konzentrationslagers gearbeitet. Lokale Historiker, Schulen und öffentliche Organisationen sind an dieser Arbeit beteiligt. Tatsache ist, dass die Nazis drei Tage vor der Befreiung von Minsk alle Dokumente vernichtet haben. Sie hinterließen nur die Asche der Opfer.

„Es sind mehrere Dutzend Häftlinge bekannt, denen die Flucht gelang. Die beiden bekanntesten sind Nikolai Walachanowitsch und Stepanida Sawinskaja. Sie haben alle Grausamkeiten beschrieben, die hier stattgefunden haben. Wir studieren jetzt verschiedene Literatur und Archivdokumente, um herauszufinden, wo der Name Trostenez auftaucht. Wir haben bereits etwa 1.000 Namen gesammelt“, sagte Alexander Gostew über die Wiederherstellung der Namen von KZ-Opfern.

Was wird im Informationszentrum Trostenez präsentiert?

Auf dem Gelände der Gedenkstätte, in der Nähe der „Pforte der Erinnerung“, wird ein Informationszentrum entstehen. Dort wird eine ständige Ausstellung zu besuchen sein. Die Organisatoren wollen mit Hilfe moderner Technik zeigen, was im Konzentrationslager geschah. Die Umsetzung des Projekts soll zwei Jahre in Anspruch nehmen. Im Moment ist man auf der Suche nach erforderlicher Finanzierung.
 
„Im Zentrum werden archäologische Gegenstände ausgestellt, die beim Bau der Gedenkstätte gefunden wurden. Viele Gegenstände wurden uns von der Akademie der Wissenschaften zur Verfügung gestellt. Darunter befinden sich persönliche Gegenstände der Häftlinge. Es waren Kinder, alte Menschen, Ausländer, Vertreter verschiedener Religionen. All das werden wir im Zentrum zeigen. Es wird eine Gedenkwand geben“, sagt Alexander Gostew.

Der Direktor des belarussischen Kulturzentrums für geistige Wiedergeburt betonte, dass die Namen der Häftlinge, die schließlich wiederhergestellt werden, in das elektronische Buch der Erinnerung aufgenommen werden.

Worüber sprach Lukaschenko beim Besuch eines deutschen und eines österreichischen Bundespräsidenten in Trostenez

„Wir, Vertreter verschiedener Nationen, Religionen, Bewohner verschiedener Staaten, Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, befinden uns hier, weil wir uns an die tragischen Lektionen der gemeinsamen Geschichte erinnern. Wir wissen, wie das menschliche Leben durch die Ideologie des Nationalsozialismus entwertet wurde. Diese verbrecherische Ideologie hat die Welt auf den Kopf gestellt. Ihre Gräueltaten sind an Grausamkeit nicht zu überbieten“, sagte Alexander Lukaschenko 2018 in Trostenez bei einer Gedenkkundgebung zum Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus.
Das unfassbare Phänomen des Zweiten Weltkriegs seien die Todeslager gewesen, sagte er. Auf dem Gelände des größten Lagers wurde im Wald von Blagowschtschina eine neue Gedenkstätte errichtet. „Hier lag der Weg des Todes für Juden aus Berlin, Bremen, Wien, Dortmund, Prag und anderen europäischen Städten. Auch die Asche von belarussischen Zivilisten, Untergrundkämpfern und sowjetischen Kriegsgefangenen, die vernichtet wurden, ruht hier“, so der Präsident. „Die von der menschenverachtenden NS-Ideologie beherrschten Scharfrichter vernichteten jeden, der sich ihrer perversen Vorstellung von einer neuen Ordnung und Weltordnung nicht fügte.“

Am 29. Juni 2018 besuchte Alexander Lukaschenko gemeinsam mit den Bundespräsidenten Deutschlands und Österreichs, Frank-Walter Steinmeier und Alexander Van der Bellen, die Gedenkstätte Trostenez. Die Totenehrung fand auf dem Gedenkfriedhof Blagowschtschina statt. Dies ist der Ort, an dem die Zivilbevölkerung ermordet wurde.
„Die Menschen dachten, sie würden in die neuen deutschen Ostgebiete umgesiedelt“

Ab November 1941 trafen Züge mit Juden aus Deutschland, der Tschechischen Republik und Österreich in Minsk ein.

„Die Menschen wurden betrogen. Sie wurden in komfortablen Personenwaggons transportiert, und in Wolkowysk wurden die Deportierten in Viehwaggons umgeladen. Die Menschen dachten, sie würden zur Umsiedlung in die neuen deutschen Ostgebiete gebracht“, erklärt Alexander Gostew und weist darauf hin, dass man in der Gedenkstätte die Kopien dieser Waggons sehen kann. „Als Nächstes kommt der Platz des Paradoxons, wo die Menschen zu begreifen begannen, dass die Welt auf den Kopf gestellt worden war. Der letzte Platz ist der Platz des Todes, auf dem die Menschen ermordet wurden.“

Auf dem Platz gibt es Bänke. Ein improvisierter Bahnhof. Hier wurden die Menschen entkleidet und alles, was wertvoll war, wurde ihnen genommen. Erst ihr Hab und Gut, dann ihr Leben.

„Es gab bereits vorbereitete Gräben, 100 Meter lang und 3 Meter tief. Die Menschen wurden zuerst einfach in Autos hineingebracht. Sie wurden entkleidet und erschossen. Dann kamen die Gaswagen: Die Menschen wurden in den Gaswagen ermordet und kamen tot zum Ort. Hier wurden sie einfach in diese Gräben geworfen und begraben“, sagt Alexander Gostew.

Bei der Gedenkfeier am 29. Juni 2018 bemerkte das Staatsoberhaupt, dass es den belarussischen Architekten gelungen sei, in der Gedenkstätte eine dünne Linie zwischen Leben und Tod zu verkörpern, bei deren Überschreiten ein lebender Mensch zu einer Handvoll Asche wurde. Er sprach den Präsidenten, Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Vertretern religiöser Organisationen, Oberhäuptern und Einwohnern europäischer Städte, allen Menschen, die nicht gleichgültig sind und durch ihre gemeinsamen Bemühungen das Andenken an die Opfer von Trostenez bewahren, seine aufrichtige Dankbarkeit aus.

Wer wurde im Konzentrationslager Trostenez ermordet?

2019 enthüllten Alexander Lukaschenko und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus „Das Massiv der Namen“ auf dem Gelände des Gedenkkomplexes Trostenez. In dem Konzentrationslager wurden mehr als 10 000 österreichische Staatsbürger ermordet. Alexander Lukaschenko betonte, dass „das Denkmal den Wunsch der neuen Generationen symbolisiert, über das tragische Schicksal ihrer Vorfahren Bescheid zu wissen und die Erinnerung an sie zu bewahren.“
Der Staatschef wies auch darauf hin, dass das Denkmal daran erinnere, was geschehen kann, wenn die Aggression den gesunden Menschenverstand außer Kraft setzt, wenn überzogene politische Ambitionen, wissenschaftsfeindliche und antihumane Theorien die Oberhand gewinnen.

„Möge dieses steinerne Symbol eine ewige Erinnerung daran sein, dass die Welt tatsächlich sehr zerbrechlich und das menschliche Leben unbezahlbar ist. Es ist unsere heilige Pflicht, die Erinnerung an diesen Krieg unseren Nachkommen weiterzugeben, künftige Generationen vor fatalen Fehlern der Vergangenheit zu warnen und den Frieden auf der Erde zu bewahren“, sagte Alexander Lukaschenko.
Die Schlacht von Kursk war eine der entscheidenden Schlachten im Großen Vaterländischen Krieg. Die Deutschen beschlossen, dass es an der Zeit war, die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen. Die Gefangenen wurden gezwungen, die Leichen der Toten aus den Gräben auszugraben. Sie wurden verbrannt und die Asche wurde wieder vergraben. Die Asche von Märtyrern verschiedener Glaubensrichtungen, verschiedenen Status und Reichtums wird in der Krypta der Allerheiligen-Kirche in Minsk aufbewahrt.

„Das Herz spürt es. Wenn man hierher kommt, zu diesem Sarkophag, schlägt es höher. Und die Beine werden taub. Alle Konfessionen haben das Konzept des Martyriums. Das Land von Blagowschtschina und die Öfen von Schaschkowka, die ihre Opfer verschlangen, machten keinen Unterschied zwischen Nationalitäten und Religionen. Hier ist ein Appell an Gott für alle, die gelitten haben und dieses Gebet verdient haben. Auf dass niemand vergessen wird. Vor den Augen der Ewigkeit sind wir hier in Mitschuld und Mitgefühl vereint“, sagte Erzpriester Fjodor Powny, Vorsteher der Gemeinde zu Ehren der Allerheiligen der Minsker Diözese der Belarussischen Orthodoxen Kirche.

Wo wird die Asche von Menschen aufbewahrt, die von den Nazis in Trostenez getötet wurden?

Eine Kapsel mit Erde und eine Urne mit der Asche der Opfer des Konzentrationslagers Trostenez wurden 2016 in der Krypta der Allerheiligen-Kirche beigesetzt. Sie erinnert an hunderttausende unschuldig ermordete Häftlinge.

„Für mich ist es besonders pietätvoll, dass diese Gedächtniskirche die Asche aufbewahrt, in der vielleicht ein kleines Teilchen meiner Vorfahren ist, die drei Tage vor der Befreiung der Stadt Minsk im Konzentrationslager Trostenez verbrannt wurden“, sprach Fjodor Powny über seine persönliche Tragödie, die mit den Schrecken des Konzentrationslagers verbunden war. „Und jetzt sind sie neben mir. Natürlich werden wir nie erfahren, wessen Asche in der Krypta begraben ist. Was wir wissen, ist, dass Gott keine Zufälle kennt. Er gewährt den Würdigen die Gnade, neben ihm beigesetzt zu werden.“

Wie wichtig es ist, das historische Gedächtnis zu bewahren, wird in Belarus seit langem von allen Tribünen diskutiert. Jedes Jahr gibt es immer weniger Zeugen dieser schrecklichen Ereignisse. Denkmäler und Gedenkstätten erinnern uns, die Nachkommen, an die Gräueltaten, die auf dem belorussischen Boden begangen wurden.
„Die Nachkommen der Henker schieben die Schuld auf uns und verdrehen die Tatsachen. Sie zwingen uns zur Geschichtsvergessenheit, damit ihr Gewissen sie nicht quält und sie die unvollendete Arbeit ihrer Großväter fortsetzen können. Aber wenn wir vergessen, was war, werden wir den großen Sieg entwerten und verraten. Und wir werden in denselben Scheunen und Lagern enden, in denen die Nazis unsere Vorfahren gefoltert und verbrannt haben“, sagte Fjodor Powny.

Am Fuße der Denkmäler in Trostenez liegen immer frische Blumen. Die Belarussen ehren das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Und die Gedenkstätte selbst ist zu einem stillen Symbol für die Wahrheit über die Ereignisse des Großen Vaterländischen Krieges geworden.

„Möge dieses Denkmal dazu dienen, die Menschen im Namen der Ideale von Güte und Barmherzigkeit zusammenzuführen. Möge es uns, unsere Kinder und Enkel daran erinnern, wie wichtig es ist, Frieden und soziale Harmonie zu schätzen und zu schützen. Und möge es niemanden die schrecklichen Tragödien vergessen lassen, zu denen die Ideen des Nationalsozialismus, der Intoleranz und des Wunsches, den eigenen Willen mit Waffengewalt durchzusetzen, geführt haben“, sagte das Staatsoberhaupt bei der Gedenkveranstaltung „Die Pforte der Erinnerung“ anlässlich der Eröffnung der Gedenkstätte Trostenez im Juni 2015.

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