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22 September 2022, 09:28

Warum ließ Lukaschenko Visumfreiheit einführen? Wir erläutern das im Rahmen des Projekts „Zur Tatsache: Entscheidungen des Ersten“

Seitdem Belarus die Visumfreiheit für seine europäischen Nachbarn eingeführt hatte, steigerte sich die Zahl derer, die unser Land besuchen möchten. Diese Entscheidung der belarussischen Führung wurde von den Bürgern von Litauen, Lettland und Polen begrüßt. Ihre Politiker und Beamte haben darauf auch sehr emotionell reagiert. Aber dennoch: Warum hat Belarus seine Grenzen geöffnet? Gibt es eine geheime Absicht? Warum stehen die Europäer eine Schlange, um nach Belarus zu gelangen und warum versuchen ihre Führungen, das auf jede erdenkliche Weise zu verhindern? Wollen wir das klären.

Ehrlich gesagt, kommt die Visumfreiheit für Belarus nicht aus heiterem Himmel. Die Visafreiheit galt schone in Vor-COVID-19-Zeiten für 80 Ländern. Weder Pandemien, noch eine komplizierte politische Lage, noch eine voreingenommene oder gar feindselige Haltung der Nachbarn haben die Offenheit und Gastfreundschaft der Republik beeinflusst. Na ja, schlägt Belarus diesen wieder ein Schnippchen: Während die europäischen Botschaften keine Schengen-Visa mehr für Belarussen ausstellen wollen, kündigt das Land die vollwertige Visumfreiheit für Litauer und Letten an.

Es wurde uns vorgeworfen: "Die Entscheidung ist politisch motiviert!" Wie könnte es anders sein? Sie ist genau so motiviert, wie die Entscheidung der Europäer, keine Schengen-Visa mehr auszustellen. Doch während sie mit allen Mitteln versuchen, die Kontakte auf allen Ebenen abzubrechen, gibt Belarus im Gegenteil seinen Nachbarn die Möglichkeit, ihre Verwandten und Friedhöfe während wichtiger Feiertage zu besuchen. Und unerwartet für alle beginnt der Besucherstrom nach Belarus sprunghaft anzusteigen.

Um herauszufinden, wie die Lage an der belarussisch-lettischen Grenze ist, haben wir die Grenzübergangsstelle „Kamenny Log“ im Kreis Oschmjany besucht. Wir sind extra an einem Wochentag gekommen, um ein wahres Bild aufzunehmen, und nicht mit dem Ziel, mit einem Samstag-Sonntag-Ansturm zu prahlen. Die Zeit der Sommer- und Schulferien ist vorbei, so dass sich der Strom der Einreisenden nach Belarus nachließ, aber die Warteschlangen sind immer noch da. Manche Fahrer müssen sogar erst einmal Luft holen, um die Lage zu kommentieren, ohne zu schimpfen.

- Ohne zu schimpfen, aber das Warten macht wütend, gesteht Alexander. Er kommt aus Litauen, ist aber halber belarussich. Er mag den so genannten Tanktourismus und kauft in Belarus Waren, die in Litauen nicht erhältlich sind.

Ein anderer Litauer kommt nach Belarus, um die Gräber seiner verstorbenen Familienangehörigen zu besuchen. Drei Jahre lang gelang es ihm nicht, dann wurde die Visumfreiheit eingeführt.

- In dieser Zeit sind wahrscheinlich bereits fünf Menschen gestorben. Ich will sie besuchen. Batska hat toll gemacht, dass er eine visafreie Einreise erlaubte! Der Staat auf jeden Fall profitiert und für uns ist das gut", sagt er. Auch wenn man mal guckt: So coole Autos wie aus Belarus kommen, haben wir nicht.

Während vor der Visumfreiheit täglich etwa fünfzig Litauer nach Belarus kamen, hat sich ihre Zahl innerhalb eines Monats auf fünfzehnhundert verdreifacht. Insgesamt konnten seit dem 15. April mehrere Hunderttausende Menschen aus Litauen, Lettland und Polen die Visumfreiheit in Anspruch nehmen.

- Ein deutlicher Zustrom von Menschen wird erwartet. Manche kommen mehrmals. Das heißt, sie kommen einkaufen. Die Rückmeldungen sind ausschließlich positiv. Alle wollen nur weitermachen. Sie kommen zum Tanken. Sie kommen Lebensmittel einkaufen: Man lobt sehr unsere Milcherzeugnisse. In Oschmjany, Smorgon, kann man sogar lange Schlangen von Autos mit litauischen oder lettischen Amtskennzeichen sehen. So, es wird noch populärer, vermittelt Dmitri Dosin, Leiter der Abteilung für Ideologie der Grenzübergangsstelle „Kamenny Log“, seine Eindrücke.

Wir erläutern das im Rahmen des Projekts „Zur Tatsache: Beschlüsse des Ersten“

Dieser Beschluss von belarussischen Behörden hat sich als wirklich gefragt erwiesen. Ein Motorradfahrer aus Riga beschloss, Belarus zu besuchen, um in Minsk Motorradfahrer aus anderen Ländern zu treffen:

- Ihr Land hat die visafreie Einreise ermöglicht, das ist sehr schön. Also haben wir das genutzt.

Aber die Politiker und Beamten aus den Nachbarländer waren die einzigen, die mit der belarussischen Visumfreiheit nicht zufrieden sind. Die Medien vermitteln das Bild von Belarus als feindliches und gefährliches Land. Die Journalisten geben ihr Bestes. Hier sind die Schlagzeilen von populären litauischen Medien:"Warnung an diejenigen, die nach Belarus fahren willen, um Treibstoff und Lebensmittel zu besorgen: Es kann echt gefährlich sein", "Das Risiko für Reisende nach Russland und Belarus ist gestiegen. Man versucht, Litauer zu rekrutieren.“

Das Thema der belarussischen Visumfreiheit wurde sogar im litauischen Parlament im Zusammenhang mit der Bedrohung der nationalen Sicherheit diskutiert.

Sobald Belarus die Visumfreiheit auch für Polen erklärte, schlossen sich polnische Beamte dem Chor von Verschüchtern an.

Die Tatsache, dass immer mehr Ausländer ohne Visum nach Belarus kommen, zeigt jedoch, dass die Menschen in diesen Ländern ihren Politikern nicht wirklich vertrauen. Und die europäischen Beamten werden immer wieder wütender: Sie laden Menschen, die in Belarus waren, zum Verhör vor und führen Präventivgespräche, sie drohen sogar mit einer Inspektion der Sonderdienste. Was wird als nächstes passieren?

Trotz der Angriffe der westlichen Nachbarn will Belarus seine Politik der Offenheit weiter betreiben und erwägt die Ausweitung der Visumfreiheit. Das Land hat sogar mit der Ausarbeitung eines Gesetzes über die bevorzugte Einbürgerung für Ukrainer, Litauer, Letten und Polen begonnen.

Das Innenministerium wiederum will das Verfahren zur Erlangung von Aufenthaltsgenehmigungen für die baltischen Staaten und für Polen mit belarussischen Wurzeln vereinfachen. Das Ministerium erklärt, dass nach der Einführung der Visumfreiheit und angesichts steigender Zahlen von Reisewilligen die Anzahl der Anträge auf ständigen Aufenthalt in Belarus bei den regionalen Behörden für innere Angelegenheiten gestiegen ist. Vor allem geht es um die Ausländer mit belarussischen Wurzeln.

Es wird sich zeigen, ob alle diese Initiativen umgesetzt werden können. Eines ist jedoch klar: Belarus will von seinen Grundprinzipien nicht abrücken. Darauf wies der Staatschef auch bei seinem Arbeitstreffen mit dem Gouverneur der Region Grodno hin. Gleichzeitig betonte der Präsident, dass es für ihn wichtig sei, auch die Meinungen von Belarussen in dieser Hinsicht zu erfahren.

Die belarussische Visumfreiheit verfolgt keine besonderen wirtschaftlichen Ziele. Aber trotzdem. Wenn man sich vorstellt, dass jeder der mehreren hunderttausend Ausländer, die Belarus schon besucht haben, 100 Euro in unseren Laden gelassen hat, würde sich die Summe auf Dutzende von Millionen belaufen. Natürlich nicht eine Milliarde, aber heutzutage summiert sich Kopeke für Kopeke, wie man sagt, ein Rubel. Und, wenn wir uns vorstellen, dass unsere Nachbarn in ihr Heimatland positive Eindrücke von unserem Land mitbringen, wird der Nutzen der Visumfreiheit noch deutlicher.

Beschönigen aber die belarussischen Behörden die Lage nicht? Sind das vielleicht nur Wunschdenken? Es scheint aber nicht, dass die Aufregung nach den Entscheidungen über die Visumfreiheit inzwischen abgeklungen sein sollte, weil die Urlaubszeit zu Ende ist. Doch, auf der anderen Seite belarussischer Grenze herrscht immer noch Gedränge. Bevorzugen vielleicht Litauen, Letten und Polen, für die die Grenzen innerhalb der Europäischen Union offen sind, Belarus? Ja, und sie haben ihre Gründe dafür.

Das Verhalten der "Partner" von Belarus ist jedoch der beste Beweis für die Richtigkeit der in Belarus getroffenen Entscheidungen. Lettland hat es nicht geschafft, die Abschaffung des vereinfachten Visums für Belarussen in der Europäischen Union zu verlängern, und versucht nun, sich irgendwie zu revanchieren: Es kündigt die Abkommen über die Zusammenarbeit an den Grenzen, führt zusätzliche Kontrollen an der Grenze ein und verschärft die Bedingungen für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen. Und nun gibt es Gerüchte, dass es Belarussen, die ein Schengen-Visum haben, die Einreise in lettische Hoheitsgebiet verweigern wird.

Polen und Litauen ignorieren ihrerseits eigene Vorschriften für Grenzkontrollen und lassen die Menschen, die nach Hause zurückkehren, stundenlang an Grenzübergangsstellen warten. Kann das nicht wie ein Eigentor beurteilen?

In naher Zukunft muss sich die Geschichte der belarussischen Visumfreiheit mit Sicherheit weiterentwickeln. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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