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21 September 2022, 11:44

Öffentliches Schreiben von Makej an seine Amtskollegen. Belarussische Delegation hat Vorschläge für UN-Generalversammlung

MINSK, 21. September (BelTA) - Die belarussische Delegation mit dem Außenminister Wladimir Makej an der Spitze ist bereits in New York eingetroffen, um an der 77. UN-Generalversammlung teilzunehmen. Der Minister kam jedoch nicht mit leeren Händen in New York an. Am Vorabend dieses jährlichen internationalen Forums vermittelte er ein Schreiben an seine Amtskollegen aus den UN-Mitgliedsstaaten, in dem die Ansätze zu den Schlüsselpunkten des Funktionierens und die Reformwege innerhalb der Vereinten Nationen dargelegt sind.

Wladimir Makej macht seine Amtskollegen auf das Thema der Vereinten Nationen im modernen globalen Kontext aufmerksam. Er ermahnt, dass Belarus mit Stolz den Namen des Gründers der Organisation trage. Die Tatsache, dass Belarus 1945 noch nicht einmal ein unabhängiges Land war, wirklich bemerkenswert ist. Dennoch wurde Belarus von den Gründerstaaten herzlich in ihre Reihen aufgenommen, weil das belarussische Volk während des Zweiten Weltkriegs große Entbehrungen erlitten hatte und, weil es einen großen Beitrag zum Sieg geleistet hatte, der es den friedliebenden Nationen ermöglichte, die Organisation zu gründen.

Vor zwei Jahren, als die Vereinten Nationen ihr 75-jähriges Bestehen feierten, gab es verschiedene Bewertungen der Leistungen der Organisation und Überlegungen zu ihrer Zukunft. Damals verfasste Wladimir Makej einen recht umfangreichen Artikel mit dem Titel "Belarus at the UN: Assessing its political record", der im Magazin der Belarussischen Staatlichen Universität veröffentlicht wurde. In seinem Artikel hat er unter anderem versucht, den institutionellen UN-Aufbau auszuwerten, um die Möglichkeiten innerhalb der UNO für verschiedene Staaten und Gruppen von Ländern zu bezeichnen. Darüber hinaus hat er die Aussichten für die Entwicklung der Vereinten Nationen dargelegt.

In seinem Schreiben an seine Amtskollegen erklärt Wladimir Makej, dass es aus heutiger Sicht sinnvoll wäre, einige neue Gedanken über die Vereinten Nationen zu skizzieren und einige der Ansätze von Belarus gegenüber der Organisation im aktuellen globalen Kontext vorzustellen.

Unzulänglichkeit und Einseitigkeit der Vereinten Nationen

"Die Haltung der Republik Belarus gegenüber den Vereinten Nationen beruht einerseits auf unserem festen Glauben an Geist und Buchstaben der UN-Charta, da es keine Alternative zu einem wirksamen Multilateralismus und zu festgelegten Grundsätzen des Völkerrechts gibt, um die Herausforderungen, die sich aus der gegenseitigen Abhängigkeit unserer Existenz auf der Erde ergeben, wirksam anzugehen", so Wladimir Makej in seinem Schreiben.

Andererseits, wie der Außenminister hinweist, hat Belarus, wie viele andere Länder, auch die wachsende Kluft zwischen der derzeitigen UNO und der rasch wachsenden Weltvielfalt festzustellen. Und während das Wesen und die Rolle der Vereinten Nationen bei der Friedenssicherung und Sicherheit durch ihre institutionelle Struktur, verkörpert im Sicherheitsrat mit Vetorecht, verhindert werden, wird eine wirksame internationale Zusammenarbeit in anderen Bereichen, die sich nicht auf die Sicherheit beziehen, auch durch einige andere Faktoren beeinträchtigt.

Laut Wladimir Makej gilt einer dieser Faktoren der Verlust des neutralen, technischen Charakters der Organisation als unparteiisches Forum zur Gewährleistung der internationalen Zusammenarbeit zwischen gleichberechtigten Mitgliedstaaten.

"Leider wurde die UNO mit dem Ende des Kalten Krieges in den 1980er Jahren allmählich zu einem Opfer des unipolaren Moments der modernen Weltgeschichte und hat sich im Wesentlichen zu einer Institution entwickelt, die den Interessen der so genannten Sieger untergeordnet ist", so der belarussische Außenminister. „Der Verlust der Neutralität ist durch mehrere objektive Faktoren bedingt: die überwältigende UN-Abhängigkeit von den Gebermitteln der entwickelten Länder; die Mehrzahl von Staatsangehörigen dieser Länder in politisch und finanziell wichtigen Positionen dieser Organisation. In Anbetracht der geopolitischen Interessen und Besonderheiten der menschlichen Natur bestimmen diese beiden Faktoren die Dominanz der Interessen der Geberländer bei allen Entscheidungen der Vereinten Nationen, mit Ausnahme von Fragen, die in die Zuständigkeit des Sicherheitsrates fallen."

Diese Einseitigkeit der Vereinten Nationen sei die Grundlage für die begrenzten Fähigkeiten der Organisation, objektiv und unvoreingenommen auf die Probleme aller ihrer Mitglieder zu reagieren, betont der belarussische Außenminister. Aus diesem Grund müssen die einzelnen Länder regelmäßig auf die Äußerung vor der Öffentlichkeit einer vorgefassten Stellungnahme durch einen oder anderen UN-Beamten reagieren.

Über die Einstellung der Minderheit, die als Stellungnahme gesamter internationaler Gemeinschaft dargestellt wird

Der Minister ermahnt auch, dass viele UN-Dokumente nur von einer Minderheit von Ländern verfasst werden, weil es vielen an der nötigen Sachkenntnissen fehle. "Es ist besonders bemerkenswert, dass wegen Mängel in Geschäftsordnungen viele UN-Beschlüsse mit Minderzahl von Stimmen und andere von der Mehrheit gefasst werden. So können diese Entscheidungen den gemeinschaftlichen Nenner aller betroffenen Parteien nicht widerspiegeln und stehen manchmal in direktem Widerspruch zu den Interessen einiger von ihnen", merkt er an.

Nämlich deswegen bleiben offensichtliche Verstöße gegen die UN-Charta, wie z.B. Wirtschaftssanktionen, die ohne Mandat des Sicherheitsrates verhängt werden, von den Entscheidungen der Organisation unberührt und werden von ihr nicht verurteilt. Nämlich deswegen werden Entscheidungen über den Ausschluss oder die Einschränkung der Zusammenarbeit innerhalb der UNO getroffen, was selbst dem Wesen der Organisation widerspricht. "Und diese Entscheidungen als "politische Stellungnahme der gesamten internationalen Gemeinschaft" darzustellen, diskreditiert die Idee der Möglichkeit einer globalen Zusammenarbeit selbst", betont Wladimir Makej.

In diesem Zusammenhang hält er nicht für verwunderlich, dass eine Vielzahl von Resolutionen und anderen Beschlüssen der UN-Gremien nie umgesetzt werden.

Über den UN-Sicherheitsrat

Im Sinne des oben Gesagten scheine der UN-Sicherheitsrat heute paradoxerweise ein recht wirksames UN-Format zu sein, was das Verhältnis von Entscheidungen zur Zufriedenheit der Mitgliedstaaten angeht. Diese Ansicht über dieses Organ teilt der belarussische Außenminister mit seinen ausländischen Amtskollegen.

"In der Tat werden Beschlüsse, die nicht den Interessen der ständigen Mitglieder entsprechen, im Rat einfach nicht gefasst. Belarus bekennt sich zur Rolle des UN-Sicherheitsrats bei der Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit in der Welt und hat vor, die Bemühungen zur Stärkung dieser Rolle auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen", so Wladimir Makej.

Dreimal "vielleicht" und einmal "wahrscheinlich", was die UN-Reformvorschläge angeht

Der Außenminister stellt in seinem Schreiben weiter fest, dass die Reflexion über den Zustand der Vereinten Nationen bezogen auf das Ziel einer effektiven multilateralen Zusammenarbeit auf globaler Ebene bestimmte Fragen aufwirft. Er listet vier davon:

- Mögen jene Lebensbereiche, in denen ein souveräner, unabhängiger Staat als Hauptakteur bei der Befriedigung der Bedürfnisse und Rechte von Menschen agiert, aus dem System der internationalen Beziehungen, das durch die UNO instrumentalisiert wird, herausgenommen werden?

- Möge sich die UNO auf Fragen mit einer eindeutigen grenzüberschreitenden Dimension beschränken? "Auf diese Weise werden wir den Grundsatz der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten wirklich achten. Auf diese Weise werden wir eine wirksame Zusammenarbeit zwischen Staaten mit unterschiedlichen politischen und sozioökonomischen Traditionen (Kollektivismus, Konservatismus, Liberalismus usw.) gewährleisten", glaubt Wladimir Makej.

Mögen die Vereinten Nationen nur über Themen entscheiden, bei denen ein bestimmtes Arbeitsformat sicherstellt, dass ein gemeinsamer Nenner für die Interessen absolut aller Beteiligten gefunden werden kann?

Sollte es in allen UN-Arbeitsbereichen Consensus eingesetzt werden, um diese Ziele zu erreichen? "So kommen wir nur zu Lösungen, an denen alle Beteiligten mitarbeiten wollen", zieht der Minister das Fazit.

Über die Lage der Entwicklungsländer und den globalen Sicherheitsdialog

Wladimir Makej geht in seinem Schreiben gesondert auf die Lage der Entwicklungsländer ein. "Wir sind besonders betrübt über die Tatsache, dass auf die Souveränität vieler Entwicklungsländer in der letzten Zeit innerhalb der UNO zunehmend Druck spürbar ausgeübt wird. Vor fast fünf Jahrzehnten waren das die Länder, die eine enorme Energie und Dynamik in die Organisation einbrachten, was zur Verabschiedung der Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung führte, einem der bedeutendsten Dokumente in der Geschichte der Vereinten Nationen. Doch leider ist die kollektive Stimme dieser Ländergruppe heute nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit", so der Außenminister.

Aber Wladimir Makej ist sicher, es gebe eine bestimmte Richtung, in der diese Stimme nach wie vor erklingen kann: "Insbesondere der bereits erwähnte ausführliche Artikel über die UNO hat die besondere Bedeutung des Dialogs über die globale Sicherheit hervorgehoben, vor allem zwischen den Großmächten angesichts ihrer deutlich wachsenden Auseinandersetzungen. So ein Dialog, ganz im Sinne von San Francisco, ist heute notwendiger denn je. Sind die Großmächte nicht in der Lage, hier eine Führungsrolle zu übernehmen, müssen die Länder der Dritten Welt diesen Platz nehmen.“

Nach Worten des Ministers kann nämlich diese Ländergruppe im Rahmen der Vereinten Nationen einen Prozess des globalen Sicherheitsdialogs initiieren, der unter anderem die oben aufgeworfenen Fragen beantwortet und eine abschließende Übereinkunft wie etwa eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung zu Folge hat.

"Es gibt allen Grund zu glauben und zu hoffen, dass Fortschritte im Bereich Frieden und Sicherheit es ermöglichen, in allen anderen Arbeitsbereichen der Vereinten Nationen voranzukommen", so der belarussische Außenminister zusammenfassend.

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