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Themen
"Zitadellen der Tapferkeit "
Während des Großen Vaterländischen Krieges kämpften die Einwohner hunderter belarussischer Städte und Dörfer gegen den Feind und brachten den Sieg näher. 36 Ortschaften wurden besonders ausgezeichnet und erhielten später die Wimpel „Für Mut und Tapferkeit im Großen Vaterländischen Krieg“. Diese Insignien wurden am 6. Oktober 2004 durch einen Erlass des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der Republik von den Nazi-Invasoren eingeführt. Hinter jeder der 36 Zitadellen der Tapferkeit verbirgt sich eine erstaunliche Geschichte von Tapferkeit, Heldentum und dem Glauben an den Sieg für alle. Wir werden darüber in unserem neuen Projekt zum 80. Jahrestag der Befreiung von Belarus von den Nazis berichten. Der 31. Ort auf der Liste ist Kritschew.
Anfang Juli 1941 überwanden die Nazi-Soldaten die Beresina und eilten zum Dnjepr. Bereits am 11. Juli eroberten sie Brückenköpfe südlich von Orscha und nördlich von Nowy Bychow. Am Morgen des nächsten Tages griffen sie Smolensk und Kritschew an und deckten die Flanken der 13. Armee, die die Dnjepr-Grenzen bei Mogiljow und südlich davon verteidigte. Von den ersten Kriegstagen an baute Kritschew Befestigungen an der künftigen Verteidigungslinie in der Nähe des Flusses Sosch. Besonders wichtig war sie während der Schlacht von Smolensk, die Hitlers Vormarsch auf Moskau störte und die Pläne für einen Blitzkrieg zunichte machte.
Die Mutter sah die letzte Schlacht ihres Sohnes
Am 13. Juli 1941 lieferte sich der sowjetische Bomber von Oberleutnant Alexander Schuk über dem Dorf Bel-1 im Kreis Kritschew einen Luftkampf mit drei deutschen Junkers. Der Navigator war der junge Leutnant Alexej Gumennikow, der aus diesem Dorf stammte. Die Besatzung schoss zwei Maschinen ab und rammte die dritte, als das Flugzeug bereits brannte. Viele Dorfbewohner beobachteten den Kampf, darunter auch die Eltern von Alexej. Augenzeugenberichten zufolge war ganze Aufmerksamkeit von Anna Gumennikowa auf den Himmel gerichtet, wo ihr Sohn kämpfte. Die Schlacht bewegte sich auf den Kreis Mstislawl zu, und die Mutter stand noch immer am Zaun und hielt sich mit den Händen an der Planke fest, bis ihr Mann sie ins Haus brachte. Es ist schwer, sich vorzustellen, wie sie sich in diesem Moment fühlten...
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Am nächsten Morgen kam die Gumennikows Tochter ins Haus und teilte mit, dass das Flugzeug in der Nähe des Dorfes Turowka, Kreis Mstislawl, abgeschossen worden war. Alexej war unter den Toten. Nazi-Kämpfer erschossen den Mann, als er aus dem brennenden Flugzeug sprang. Sein Vater zählte 11 Einschusswunden am Körper seines Sohnes.
Dieser Fall eines verzweifelten Kampfes gegen den Feind in den ersten Wochen des Krieges ist bei weitem nicht der einzige. Es gibt Dutzende von Geschichten über Heldentaten auf dem Gebiet von Kritschew. So trägt beispielsweise eine der Straßen des Kreiszentrums heute den Namen des Verteidigers von Kritschew Nikolai Sirotinin. Dieser junge Soldat hielt im Alleingang eine deutsche Kolonne auf.
Am 14. Juli erreichten Hitlers Truppen im Gebiet von Slawgorod den Fluss Sosch. Die Hauptkräfte der 13. Armee, die südlich von Mogiljow agierten, waren unter dem Druck der überlegenen Kräfte des Feindes gezwungen, Kritschew am 17. Juli zu verlassen und die Verteidigung hinter dem Sosch zu übernehmen. An der Flussgrenze kam es zu anhaltenden, langen Kämpfen, bei denen die ständigen Angriffe der überlegenen Nazi-Kräfte von heldenhaften Verbänden der 13. Armee unter dem Kommando von Generalleutnant Gerassimenko, der 132. Schützendivision von General Birjusow, der 137. Schützendivision von Oberst Grischin, dem 4. Luftlandekorps von General Schadow, der 6. Schützendivision von Oberst Popsui-Schapko, dem Leningrader Kommunistischen Bataillon von Oberst Ostaschenko und anderen militärischen Einheiten erfolgreich abgewehrt wurden.
Die 6. Schützendivision, die den Rückzug der Truppen der 13. Armee decken sollte, führte Abschreckungsgefechte gegen die 4. Panzerdivision der 2. deutschen Panzergruppe. Am 17. Juli zog sich das 55. Regiment, das die Nachhut der 6. Division bildete, an den sumpfigen Fluss Dobrost in der Nähe des Dorfes Sokolnitschi zurück und bereitete sich darauf vor, den feindlichen Angriff abzuwehren. Als sich die Kolonne der feindlichen Panzer dem Fluss näherte, eröffneten die Einheiten des Regiments das Feuer. Besonders zerstörerisch war das Feuer des Geschützes, das sorgfältig im Roggen getarnt war. Schon bei den ersten Schüssen gingen der Führungspanzer und das gepanzerte Fahrzeug am Ende der Kolonne in Flammen auf. Die feindlichen Panzer saßen in der Falle. Das zweite feuernde Fahrzeug versuchte, den Führungspanzer zu umgehen, wurde aber durch einen präzisen Schuss gestoppt. Mehrere Panzer fuhren von der Autobahn ab, um die getroffenen Fahrzeuge zu umgehen, blieben aber sofort im Morast nahe der Brücke stecken.
Deutsche Panzerjäger und Maschinengewehrschützen schlugen heftig auf das Geschütz ein. Nur der Schütze - der 20-jährige Oberfeldwebel Nikolai Sirotinin - überlebte. Er wurde verwundet, feuerte aber weiter und setzte ein Panzerfahrzeug nach dem anderen außer Gefecht. In diesem Gefecht schoss Nikolai Sirotinin 11 Panzer und gepanzerte Mannschaftstransporter ab. Der Oberfeldwebel schaffte es nicht, lebend aus dem Gefecht herauszukommen. Im Jahr 1965 wurde der Held posthum mit dem Orden des Vaterländischen Krieges 1. Klasse ausgezeichnet.
Furchtlos kämpften die Soldaten des 4. Luftlandekorps von General Alexej Schadow. Sie hielten nicht nur den feindlichen Druck auf die Sosch auf, sondern drängten auch zusammen mit den Soldaten der 6. Rotbanner-Schützendivision über den Fluss und gingen zum Gegenangriff über.
„Dank der Tapferkeit und dem Heldentum der Soldaten und Kommandeure konnten die sowjetischen Truppen die Frontlinie entlang des Flusses Sosch auf dem Abschnitt Mstislawl - Kritschew bis zum 1. August und auf dem Abschnitt Kritschew - Slawgorod bis zum 8. August halten. Und in der vollständigen Umzingelung dauerten die Kämpfe bis zum 16. August. Dadurch wurde es dem Nazi-Kommando nicht ermöglicht, die hier besetzten Einheiten an andere Frontabschnitte zu verlegen“, sagte Alina Nikogossjan, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Historischen Museums der Stadt Kritschew.
Die heldenhafte, monatelange Verteidigung von Kritschew ermöglichte es der sowjetischen Führung, Zeit zu gewinnen, um die wichtigsten strategischen Punkte in der zentralen Richtung und die Verteidigung Moskaus zu verstärken.
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Der Start eines ganzen Werkes wurde gestört
Die Nazis begangen Gräueltaten in Kritschew und im Kreis seit den ersten Tagen der Besatzung. Bereits im Herbst 1941 richteten sie auf dem Gelände der örtlichen Zementfabrik ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene ein. Jeden Tag starben dort Dutzende von Gefangenen an Hunger, Schlägen und im Winter an der Kälte. Der geringste Ungehorsam bedeutete den Tod. Der Ort der Massenerschießungen von Kriegsgefangenen und Zivilisten war der Wald in der Nähe des Dorfes Prudok. In den Jahren der Besatzung wurden dort mehr als 1200 Menschen getötet.
Die Einwohner leisteten Widerstand, so gut sie konnten. Von den ersten Tagen der Besatzung an bildeten sich auf dem Gebiet des Kreises Untergrundgruppen. Sie betrieben antifaschistische Propaganda, sammelten Waffen, brachten geheime Informationen ein und verübten Sabotageakte. Eine der bekanntesten Gruppen operierte vor den Augen der Deutschen in der Zementfabrik und auf der Eisenbahnstation. Angeführt wurde sie von Alexej Gawrilenko. Das Hauptziel seiner Gruppe war es, die Aufnahme der Zementproduktion zu verhindern. Die Untergrundkämpfer, von denen die meisten Häftlinge des Vernichtungslagers waren, führten Sabotageakte durch, legten Elektromotoren lahm, störten Reparaturarbeiten und bauten Ersatzteile falsch ein. Infolgedessen wurde das Werk nie in Betrieb genommen.
Die Untergrundkämpfer leisteten auch viel Arbeit am Eisenbahnknotenpunkt: Sie störten die Reparaturen von Dampflokomotiven, legten Sprengstoff auf die Schienen und führten Sabotageakte durch. Im Jahr 1943 verminte die Gruppe zwei feindliche Züge, die auf dem Weg zur Front explodierten.
Heute leben Verwandte von Alexej Gawrilenko in Kritschew. Es ist uns gelungen, einen von ihnen ausfindig zu machen.
„Meine Eltern standen in engem Kontakt mit der Familie von Alexej Gawrilenko, wir besuchten sie oft. Er war ein erstaunlicher Mann, ein guter Freund, ein wunderbarer Ehemann und Vater von fünf Töchtern. Er war auch ein wunderbarer Gärtner. Zu Sowjetzeiten pflanzten die Menschen auf ihren Grundstücken meist Kartoffeln an, aber er legte einen Garten an, pflanzte Apfel- und Birnbäume. Aber er sprach selten über den Krieg. Trotzdem erinnere ich mich an den Tag, an dem er in unsere Schule kam. Ich war damals in der dritten Klasse. Er erzählte mir, was die Untergrundkämpfer unter seiner Führung in der Zementfabrik machten, wie sie Sabotage an der Eisenbahn verübten, und erinnerte sich an die Partisanen. Im Winter 1943, als der Gruppe die Verhaftung drohte, ging Alexej Gawrilenko zusammen mit anderen Untergrundkämpfern in den Wald und gründete eine Partisaneneinheit, der sich später weitere Widerstandskämpfer anschlossen. Auch nach dem Krieg blieb er mit seinen Mitkämpfer in Kontakt. Ehemalige Partisanen und Untergrundkämpfer waren in seinem Haus immer willkommen“, erzählte Alexander Gawrilenko.
„Bevor er erschossen wurde, sang er „Orljonok“
Eine patriotische Gruppe von sowjetischen kriegsgefangen Ärzten arbeitete im Todeslager in der Zementfabrik Kritschew. Auch die Moskauer Milizionäre Alexander Okajemow, ein berühmter Sänger, der als erster das Lied „Orljonok“ im Allunionsradio sang, und der Hauptchormeister der Moskauer Philharmonie Gennadi Lusenin, die 1941 gefangen genommen wurden, waren hier. Es gelang ihnen, Kontakt zu den Untergrundkämpfern von Kritschew herzustellen.
Als die Nazis davon erfuhren, verhafteten sie die Patrioten und setzten sie den grausamsten Folterungen aus. Aber sie hielten durch und sagten kein Wort zum Feind. Als sie zum Erschießungskommando geführt wurden, erhob sich das Lied „Orljonok“ in den Himmel. So erlebte Alexander Okajemow seine Todesstunde. Und die letzten Worte seines Freundes Gennadi Lusenin waren: „Lebe wohl, Leben! Lebe wohl, Mutterland!“
Die Helden-Künstler wurden posthum mit der Medaille „Für Tapferkeit“ geehrt, Straßen in Kritschew wurden nach ihnen benannt, und an ihrem Todesort wurde ein Denkmal errichtet.
Im Kreis waren mehrere Partisanenabteilungen tätig, darunter von Anatoli-Tair, Walentin Majorow, Tschapai, Ales, das Kommando Nr. 48 und andere. Sie zerstörten feindliche Polizeigarnisonen, führten Sabotageakte durch, brannten Lager und Stützpunkte nieder, zerstörten die Kommunikation und verminten Straßen. Historikern zufolge zerstörten Partisanen und Untergrundkämpfer während der deutschen Besatzung im Kreis Kritschew 14 Dampflokomotiven, 220 Waggons, 62 Autos, 300 Tonnen Treibstoff, sprengten 9 Brücken, zerstörten 2 Ölfabriken, töteten 2073 deutsche Soldaten und Offiziere, 60 Polizisten und 3 Bürgermeister.
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Die Befreier wurden mit Brot und Salz empfangen.
Nachdem die Truppen der Westfront am 30. September 1943 den Fluss Sosch überquert hatten, eroberten sie Kritschew, eine wichtige Festung und einen Eisenbahnknotenpunkt des Feindes in Richtung Mogiljow. Die Stadt wurde befreit. Augenzeugen berichten, dass die Soldaten der 10. Armee, als sie sich dem Dorf Pawlowitschi näherten, von den Einwohnern, die am Stadtrand auf sie warteten, mit Brot und Salz empfangen wurden.
Die 212. Schützendivision von Oberst Malzew, die 385. Schützendivision von Oberst Suprunow und das 572. Kanonen-Artillerie-Regiment von Oberst Sawin zeichneten sich in den Kämpfen um die Befreiung von Kritschew aus.
Kritschew war die erste belarussische Stadt, deren Name militärischen Einheiten und Formationen der Roten Armee gegeben wurde.
Die Helden des Kritschew-Landes sind heute vor allem dank der enormen Arbeit von Michail Melnikow, dem Gründer und ersten Direktor des Museums, bekannt. Gemeinsam mit anderen Mitarbeitern und Bewohnern des Kreises Kritschew - Augenzeugen des Großen Vaterländischen Krieges - sammelte er Informationen über die erbitterten Kämpfe, die Helden und ihre Schicksale.
Während der 26,5-monatigen Besetzung von Kritschew zerstörten die Nazis viele Industriebetriebe und öffentliche Gebäude, vernichteten mehr als fünfzig Schulen im Kreis und ließen kein einziges Krankenhaus zurück. Als die sowjetischen Truppen in die Stadt einrückten, gab es nur noch 32 Häuser, in denen mehr als 860 Menschen lebten. Die erschreckendste Zahl war jedoch die Zahl der Opfer. Mehr als 24.000 Kriegsgefangene und Zivilisten starben allein im Vernichtungslager. Und das Dorf Antonowka erlitt das gleiche Schicksal wie Chatyn.
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Die Straßen sind nach ihnen benannt
Gussakowski-Straße
Iossif Gussakowski - zweimaliger Held der Sowjetunion, General der Armee. Er wurde im Dorf Worodkowo, Kreis Kritschew, geboren. Seit Juni 1941 kämpfte er an der West-, Woronesch-, 1. Ukrainischen, 1. und 2. Belarussischen Front. Stabschef eines Panzerregiments, einer Panzerbrigade, von 1943 bis Kriegsende Kommandeur einer Panzerbrigade. Teilnehmer an den Schlachten von Moskau und Kursk, der Befreiung der Ukraine und Polens, den Kämpfen um Berlin. Er zeichnete sich bei den Lwiw-Sandomierz-Operation und Weichsel-Oder-Operation aus. Die 44. Gardepanzerbrigade, die Gussakowski befehligte, wurde mit acht Orden ausgezeichnet. Nach dem Krieg befehligte er eine Panzerdivision, einen Verband, Truppen des Baltischen Militärbezirks und war Leiter der Hauptpersonalverwaltung des Verteidigungsministeriums der UdSSR. In Kritschew ist eine Straße nach ihm benannt und in Mogiljow wurde eine Büste von ihm aufgestellt.
Suprunow-Straße
Der Kommandeur der 385. Kritschew-Schützendivision Mitrofan Suprunow war ein Teilnehmer der Befreiung von Kritschew. Zu Beginn des Krieges war er Mitarbeiter des operativen Dienstes im Hauptquartier der 10. Armee. Er nahm an der Niederlage der Deutschen bei Moskau teil. Am Ende der Operation wurde er zum Stabschef der 385. Schützendivision ernannt und 1943 zum Kommandeur dieser Division. Im selben Jahr durchbrach die 385. Schützendivision als Teil der 11. Armee der Westfront die stark befestigte deutsche Verteidigung bei Kirow, Gebiet Kaluga, und startete eine siegreiche Offensive zur Befreiung der BSSR. Die Division befreite 1943 Kritschew. Danach befreite sie Minsk, Polen und Ostpreußen und nahm an der Berliner Operation teil. Eine Straße im Kreiszentrum ist nach Suprunow benannt.
Timtschenko-Straße
Wladimir Timtschenko ist seit 1929 in der Roten Armee. Ab September 1940 - Chef der operativen Abteilung des Stabes der gemischten Luftdivision, ab April 1941 - des Luftlandekorps. Er nahm an den Verteidigungskämpfen an der Beresina und bei Kritschew teil. Am Abend des 29. Juli 1941 drangen 1200 Fallschirmjäger unter dem Kommando von Major Timtschenko in das von Nazi-Truppen besetzte Kritschew ein und schlugen den Feind mit einem schnellen Schlag aus der Stadt, die sie mehr als einen Tag lang hielten. In dem anhaltenden blutigen Kampf fielen fast alle Fallschirmjäger, nur dreizehn von ihnen schafften es, den Ring der Umzingelung zu durchbrechen und zu ihren Einheiten über den Fluss Sosch zu gelangen. Auch Major Timtschenko, nach dem eine Straße in Kritschew benannt ist, starb.
Julija GAWRILENKO,
Foto von Pawel SCHINKARJOW, der Zeitung „Kritschewskaja Schisn“,
Zeitung „7 Tage“.