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09 April 2025, 12:22

„Dafür nahmen sie Panzerteile aus dem Zweiten Weltkrieg“: Wie wird der seltene Panzer T-34-57 nachgebaut

Die Restauratoren des historischen und kulturellen Komplexes Stalin-Linie bauen einen seltenen Panzer aus den Kriegszeiten nach  - einen T-34-57. Die Kopie der legendären Maschine umfasst Elemente von drei Kampffahrzeugen aus dem Großen Vaterländischen Krieg! Den Journalisten der Telegraphenagentur BelTA haben die Restauratoren gezeigt, wie sie den Turm und die Kanone auf der Wanne des Kampffahrzeugs montieren.
Panzerjäger
In Belarus hat jeder schon einmal von den legendären T-34 gehört. Diese Panzer nannte man nicht umsonst „die Waffe des Sieges“: Sie zerschlugen den Feind in der Schlacht von Moskau, entschieden das Schicksal der Schlacht bei Stalingrad und stellten sich den deutschen „Tigern“ und „Panthern“ in der Schlacht bei Kursk entgegen. Heute stehen sie als Denkmäler in vielen Städten des Landes – zu Ehren der Befreiung des belarussischen Bodens von den Nazi-Invasoren. Nicht jeder weiß jedoch, dass das berühmteste sowjetische Kampffahrzeug eine seltene Modifikation T-34-57 hatte. Man nannte sie „Panzerjäger“.

Im Jahr 1941 wurden nur zehn T-34-Panzer mit einer 57-mm-Kanone gebaut. Sie alle nahmen am berühmten Vorstoß auf Kalinin (heute Twer) teil. Die 21. Panzerbrigade wurde von den Helden der Sowjetunion Michail Lukin und Michail Agibalow kommandiert. Im Jahr 1943 wurden vier weitere Fahrzeuge gebaut. Als der Panzer mit der leistungsfähigeren 85-mm-Kanone in Produktion genommen wurde, hörte man mit der Herstellung der T-34-57 Maschine auf.

Eine fahrbare Kopie dieses Panzers wird jetzt im Verteidigungskomplex Stalin-Linie nachgebaut. Alexander Metla, Leiter des historischen und kulturellen Komplexes, erzählte: „Das Fahrzeug hat Chassis vom sowjetischen Artillerie-Schlepper ATS-59. Um die historische Authentizität zu gewährleisten, wurde die Wanne verbreitert und verlängert, so dass der längliche Spalt zwischen der zweiten und dritten Walze charakteristisch für den T-34-Panzer war.“

„Der Panzer, den wir bauen, wird eine Wanne aus dem Jahr 1940 und eine 57-mm-ZIS-2-Kanone haben. Wir bauen T-34 der ersten Serie. Eine solche Wanne wurde vor dem Krieg hergestellt. Sie unterscheidet sich durch das Deckshaus und die Fahrerluke sowie durch die Anordnung der Dreifachschächte. Der 'tortenförmige' Turm war für den Panzerfahrer ziemlich eng und unbequem, aber das war typisch für Vorkriegsfahrzeuge“, sagt Alexander Metla.

Warum erhielt der T-34-57 den Spitznamen „Panzerjäger“? Das lag an der 57-mm-Kanone, deren panzerbrechende Geschosse eine stärkere Panzerung durchschlugen als die 76-mm-Granaten der herkömmlichen T-34-Panzer. Die ZIS-2-Kanone war so wirkungsvoll, dass sie alle deutschen Panzer von beiden Seiten, sogar diagonal, durchschlug. Man kann sich kaum vorstellen, wie stark sie war, denn sie wurde mit dem Vermerk „wegen zu starker Panzerdurchschlagsleistung“ aus dem Verkehr gezogen!
Wie eine Legende entsteht
Der Nachbau des Panzers T-34-57 begann im August 2024. Die Hauptaufgabe der Restauratoren besteht darin, eine funktionstüchtige und verschleißfeste Maschine herzustellen, die viele Jahre lang bei Rekonstruktionen zeigen kann, welche Schlachten während des Großen Vaterländischen Krieges stattgefunden haben. Die Waffenschmiede werden alles dafür tun, damit das Maschinengewehr des Richtschützen funktioniert und die ZIS-2-Kanone feuert.

„Da wir die Überreste von Fahrzeugen finden, könnten wir theoretisch einen Panzer mit natürlicher Panzerung herstellen. Aber je größer die Masse des Kampffahrzeugs ist, desto schneller verschleißen das Gehäuse, die Reibung und der Motor. Und diesen Panzer brauchen wir nicht zum Kampf. Unsere Aufgabe ist es, die Schönheit des T-34 zu zeigen und alles dafür zu tun, dass er so lange wie möglich in Betrieb ist, um das Publikum zu erfreuen“, erklärt Alexander Metla. „Deshalb haben wir uns entschieden, die Panzerung leichter als das Original zu machen. Außerdem verwenden wir perfektere Nachkriegsaggregate und -baugruppen: das Getriebe und den Gusseisenmotor, denn die Panzer aus Dural sind im Winter nur schwer zu gebrauchen und es dauert lange, sie aufzuwärmen. Aber solche Elemente wie z.B. Lukendeckel, Schützenturm, Auspuffschutz, Triplexe haben wir original eingebaut. Wenn die Masse eines herkömmlichen Panzers 32 Tonnen beträgt, wiegt unser Panzer etwa 20 Tonnen.“

Auf die Frage, wie viele Originalteile von Panzern aus dem Großen Vaterländischen Krieg die Restauratoren verwendet haben, folgt die Antwort:

„Hier sehen Sie Elemente von drei verschiedenen Panzern. Zwei Panzer wurden in der Nähe von Grodno gefunden. Einer von ihnen nahm am Durchbruch auf dem Fluss Selwjanka im Juni 1941 teil. Auf den deutschen Fotos ist ein zerschlagener T-34 zu sehen. Höchstwahrscheinlich wurde er gesprengt und zur Gewinnung von Altmetall demontiert, aber wir konnten einige Teile finden. Leider liegen uns keine Informationen über die Besatzung vor, da bei den ersten Versionen dieser Panzer die Seriennummer in Farbe geschrieben war. Sie wurde erst viel später eingeprägt. Teile des dritten Panzers wurden uns aus Russland zur Verfügung gestellt, sie wurden in der Nähe von Moskau gefunden.

Juwelierarbeit
Während wir uns ansehen, wie der Turm und die Kanone auf der Panzerwanne montiert werden, ziehe ich Parallelen zwischen der Arbeit der örtlichen Restauratoren und der von Juwelieren. Alexander Metla findet diesen Vergleich in Ordnung: Im Panzerbau sind die Dimensionen zwar ganz anders, aber auch dort muss man wirklich mit Juwelierpräzision arbeiten.

„Wir hatten einen Besuch aus dem Ural. Die Fachleute der Forschungs- und Produktionskorporation „Uralwagonsawod“, die militärische Ausrüstungen herstellt, waren Gäste der Stalin-Linie. Als sie unsere Arbeit sahen, waren sie sehr erstaunt, dass wir selbst ein so hohes Produktionsniveau organisieren können, ohne überhaupt ein Konstruktionsbüro zu haben. Wir montieren nach Zeichnungen. Auch wenn wir nicht die Originalpanzerung verwenden, ist die Logik bei der Arbeit mit der Ausrüstung dieselbe wie in einer modernen Fabrik, in der Ausrüstung für die Streitkräfte hergestellt wird. Vier Restauratoren sind ständig mit dem Panzer beschäftigt. Wenn bei der Herstellung bestimmter Teile Hilfe benötigt wird, werden die Panzerbauer hinzugezogen, sie wenden sich an Fabriken oder Werkstätten.“

Auf meine Frage, ob es unter den vier Restauratoren auch Profis gibt, musste Alexander nur lächeln: „Wir haben bereits 21 Ausrüstungsgegenstände und einen gepanzerten Zug gebaut. Glauben Sie, man kann kein Profi werden, wenn so viele Fahrzeuge durch Ihre Hände gegangen sind? Wenn Sie von militärischer Ausbildung sprechen, gibt es unter uns keine ehemaligen Panzerfahrer. Es sind einfache Jungs, meist Hochschulabsolventen, aber sie kennen und lieben ihren Job.“

Alexander Mikaluzki ist einer der vier Restauratoren, die am Panzer T-34-57 arbeiten. Er restauriert bereits seit 25 Jahren seltene Fahrzeuge. Durch seinen Freund, der ihn um Hilfe bei der Restaurierung eines BT-7-Panzers aus dem Jahr 1935 bat, ist er in diesen Beruf eingestiegen. Der restaurierte Panzer BT-7 war im Jahr 2000 in Russland zu sehen - anlässlich des 80-jährigen Jubiläums des Panzerbaus. Inzwischen ist es sogar schwierig zu zählen, wie viele Ausrüstungsgegenstände dank ihm und seinen Kollegen wieder zum Leben erweckt wurden.

„Alles, was Sie zur Zeit in diesem Hangar an der Stalin-Linie sehen, ist das Werk unseres Teams. Am Anfang war es nur ein Hobby. Aber sehr schnell wurde daraus ein Beruf. Jetzt betrachten wir jede Maschine, die wir bauen, mit ganz anderen Augen. Wir verfolgen einen gefühlvollen und verantwortungsvollen Ansatz, der die historische Authentizität respektiert. Wir wollen, dass die Menschen nicht vergessen, was während des Großen Vaterländischen Krieges geschah, an dem die gesamte Sowjetunion beteiligt war, und dass sie sich an den Preis des Großen Sieges erinnern“, sagt Alexander Mikaluzki.

Eine der Hauptaufgaben der Restauratoren ist es, das Fahrzeug so authentisch wie möglich zu machen, damit es genauso aussieht wie damals. So kann das Publikum bei jeder Rekonstruktion sehen, was vor 80 Jahren geschah.
Das Restauratoren-Team der Stalin-Linie wurde schon vor langer Zeit gebildet. Ursprünglich arbeiteten nur Alexander Mikaluzki und Wladimir Jakuschew, beide aus Schklow, an der militärischen Ausrüstung. Später kamen Wladimirs Söhne Alexej und Maxim hinzu.

Mich interessiert, welche Schwierigkeiten beim Bau eines Panzers auftreten. Alexander Petrowitsch lächelt: „Wir haben keine Schwierigkeiten in unserer Arbeit. Manchmal gibt es keine passenden Teile. Aber wir lösen diese Probleme schnell. Wir suchen etwas im Internet oder bauen selbst nach. Aber es gibt Elemente, die wir hier nicht herstellen können. Dann bestellen wir sie in der Produktionsstätte, die über spezielle Laser und andere notwendige Geräte verfügt.“

Alexander Mikaluzki und seine Kollegen sind nicht nur mit der Restaurierung beschäftigt, sondern auch mit der Bergung von Ausrüstung aus dem Großen Vaterländischen Krieg. „Unsere letzte Reise war die Hebung des Raupentraktors STZ-5. Das ist ein seltenes Gerät, in Belarus gibt es nur ein einziges Exemplar. Wir haben ihn im letzten Jahr restauriert, ihn auf den Weg gebracht und jetzt nimmt er an Rekonstruktionen teil“, sagt er.

Meistens gelingt es den Spezialisten, nur einzelne Teile der Ausrüstung aus der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges zu finden. Es kommt aber auch vor, dass praktisch ganze Panzer oder Flugzeuge aus den Sümpfen gehoben werden. Solche Funde kann man getrost als Sensation für unsere Zeit bezeichnen.

„Wir haben also einen ganzen BT-7 gefunden. Ein weiterer Panzer, den wir irgendwo zu 60-70% erhalten fanden - ein deutsches StuG III mit Eigenantrieb“, sagt er. „Und als wir das abgestürzte Flugzeug anhoben, fanden wir persönliche Gegenstände des Piloten. In seiner Innentasche bewahrte er einen Brief von seiner Frau und ein Stück Stoff auf. Leider war das Papier schlecht erhalten, aber es gelang uns, einzelne Sätze herauszulesen. Die Frau schrieb, dass ihr Sohn heranwächst und dass sie sich auf seine Rückkehr freuten. Wir konnten auch einige Rubel und Reiselisten finden, die der Pilot bei sich trug. Solche Funde sind herzerwärmend, und in solchen Momenten wird uns bewusst, dass wir unsere Arbeit nicht umsonst machen. Natürlich ist es nicht immer möglich festzustellen, wer den gefundenen Panzer gefahren hat oder im Cockpit des abgestürzten Flugzeugs saß, aber wir tun unser Bestes. Nicht umsonst heißt es: Unsere Arbeit ist erst dann beendet, wenn der letzte tote Soldat gefunden ist.“
Einsatz auf der Stalin-Linie
Die Antriebssektion des T-34-57 Panzers wurde bereits montiert. In naher Zukunft wird die Wanne des Fahrzeugs in die Lackiererei gebracht. Wenn alles nach Plan läuft, wird der berühmte „Panzerjäger“ noch in diesem Jahr, zum 20. Jahrestag des historischen und kulturellen Komplexes, auf der Stalin-Linie erscheinen.

In der Zwischenzeit können Liebhaber militärischer Ausrüstung andere Panzer in Aktion sehen: Am 12. April findet auf der Stalin-Linie eine Rekonstruktion der Berliner Offensive statt. Sie dauerte nur 17 Tage, vom 16. April bis zum 2. Mai 1945, aber in dieser Zeit nahm die Rote Armee Berlin ein und nahm die gesamte NS-Führung fest. Am 2. Mai wurden in der Hauptstadt des Dritten Reiches alle Einheiten der Wehrmacht, der SS und des Volkssturms, die die Stadt verteidigten, vernichtet oder sie kapitulierten. Die bedingungslose Kapitulation wurde am späten Abend des 8. Mai 1945 unterzeichnet.
„Wir werden versuchen, die Art dieser Kämpfe und die Rolle der Panzerfahrer bei den Kämpfen um Berlin zu zeigen. Danach werden unsere belarussischen Rekruten, die moderne T-72-Panzer beherrschen, ihre Fähigkeiten zeigen, demonstrieren, wie die Waffensysteme funktionieren und wie man verschiedene Hindernisse überwindet“, sagt der Exekutivdirektor des historischen und kulturellen Komplexes Stalin-Linie. „Bei solchen Rekonstruktionen versuchen wir, die Rolle des sowjetischen Volkes, der Sowjetführung und vor allem des Hinterlandes zu zeigen. Denn ohne das Hinterland, ohne die Produktion von Ausrüstungsgegenständen wäre der Sieg nicht möglich gewesen. Es waren die evakuierten Unternehmen, einschließlich der belarussischen, die 85 % der Rüstungsgüter produzierten. Sie spielten vor allem in den schwierigsten Kriegsjahren eine wichtige Rolle. Sie produzierten Panzer, modernisierten sie, stellten Flugsysteme,  Kommunikationsausrüstung und Handfeuerwaffen her und sorgten für die Verpflegung der Soldaten. Die Genialität unseres Panzerbaus, unserer Waffenschmiede - all das werden wir bei der Rekonstruktion zeigen. Und natürlich werden wir versuchen, die Härte der Kämpfe, die Grausamkeit des Feindes, die unglaublichen Verluste und den Heldenmut der sowjetischen Kämpfer so authentisch wie möglich zu vermitteln.“
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