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"Zitadellen der Tapferkeit "
Pinsk wurde am Morgen des 22. Juni 1941 angegriffen. Die ersten Bomben fielen auf das Gelände der Werft. Gleichzeitig zerstörten die Faschisten den nahegelegenen Flugplatz in Schabtschizy. Auf der grünen Wiese, auf der vor nicht allzu langer Zeit noch Dutzende von Kriegsmaschinen standen, waren nur noch verkohlte Gerippe zu sehen... Am selben Tag standen die Patrioten zur Verteidigung der Hauptstadt von Polesje auf und verteidigten sie bis zu ihrer Befreiung.
Gleich im ersten Kampf erbeuteten die Partisanen ein Maschinengewehr
Auf dem Territorium der Region kam es zu Verteidigungskämpfen. Auf ihrem Rückzug aus Brest kämpften die Einheiten der 75. Infanteriedivision, die Einheiten der 4. Armee und die Pinsker Flottille gegen den Feind. Die Matrosen waren besonders mutig. Sie setzten Artillerie und Kanonenboote ein und halfen den sich zurückziehenden Truppen, die faschistischen Angriffe abzuwehren. Gemeinsam mit der Armee verteidigten die Matrosen die Städte Luninez und Turow.
Schon in den ersten Stunden des Krieges warf der Kommunist und Bürgerkriegsteilnehmer Wassili Korsch im Regionalkomitee der Partei die Frage nach der Organisation von Partisanenkommandos auf, obwohl es keine Anweisungen von oben gab. Zunächst bestand die Einheit aus drei Schützenabteilungen mit je 20 Mann und einer Aufklärungsabteilung mit 6 Mann.
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„Die Einheit hieß Komarow – das war das Pseudonym von Wassili Korsch. Anfangs hielten die „Komarow“-Kämpfer einen engen Kontakt zu der Bevölkerung. Die ersten Waffen waren Gewehre und Granaten“, sagt leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums des Belarussischen Polesje Alexander Orschechowski. „Korsch führte seine Einheit in den ersten Kampf bereits am 28. Juni. Zwei Aufklärungspanzer bewegten sich auf der Straße Pinsk - Logischin. Die Partisanen warfen eine Granate und trafen einen der Panzer. Sie erbeuteten ein Maschinengewehr als Trophäe. Und schon am 4. Juli kam es zum zweiten Kampf. Der Nachrichtendienst meldete, dass die faschistische Kavallerie mit bis zu zwei Schwadronen auf der Straße nach Pinsk unterwegs war. Wassili Korsch beschloss, den Feind von der Stadt fernzuhalten, um die Einwohner evakuieren zu lassen. Die Einheit teilte sich in mehrere Gruppen auf und legte einen Hinterhalt im Dorf Galewo. Als die Kavallerie näher kam, schossen die Kämpfer auf die Deutschen. Die Faschisten gerieten sofort in Panik, aber kurze Zeit darauf leisteten sie hartnäckigen Widerstand. Sie bekamen auch noch Verstärkung - einen Panzerwagen und Mörser. Der Feind war zahlenmäßig überlegen, deshalb zogen sich die Partisanen entlang eines tiefen Grabens an den Stadtrand von Pinsk zurück. In jenem Kampf wurde Sergej Kornilow getötet, er war Stellvertreter von Wassili Korsch und Ehemann der berühmten Partisanin Wera Choruschaja. Drei weitere Männer wurden verwundet. Die Faschisten verloren 20 Männer.
Am selben Tag, dem 4. Juli 1941, rückten die vorgerückten deutschen Einheiten in die Stadt ein, und am 5. Juli nahm die 45. Infanteriedivision unter Leitung von Generalmajor Schlipper die Stadt Pinsk ein. Pinsk und seine Umgebung wurden dem Reichskommissariat Ukraine angegliedert. Es wurden lokale Zivilbehörden gebildet.
Kranke und alte Menschen wurden in ihren Betten getötet
Eine der ersten Maßnahmen der Besatzungsbehörden war die Registrierung der Einwohner. Demnach wurde die örtliche Bevölkerung in zwei Hauptkategorien unterteilt: Juden und „Arier“, zu denen Polen, Belorussen, Ukrainer und Russen gehörten. Zunächst wurde in den sowjetischen Pässen von Juden ein zusätzlicher Vermerk über ihre Nationalität angebracht, und dann erhielten alle einen Personalausweis mit einem besonderen Stempel auf dem Einband.
„In der Stadt wurde sofort eine neue Ordnung geschaffen, und es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Das geringste Vergehen wurde sofort als Ungehorsam betrachtet und konnte zum Tod führen, und die Deutschen waren gegenüber den jüdischen Einwohnern besonders unnachgiebig.
Uns ist bekannt, dass im Juli 1941 nach einer Anzeige 16 Männer verhört und später erschossen wurden, weil sie angeblich nach zwei deutschen Fallschirmspringern gesucht hätten. Nur einer überlebte: Mit einer Wunde am Arm gelang es ihm, sich unter einem Haufen Leichen zu verstecken. Das Schlimmste war, dass die Eltern der Opfer gezwungen wurden, ein Dokument zu unterschreiben, in dem stand, dass ihre Kinder von den sich zurückziehenden sowjetischen Truppen erschossen worden waren“, sagt Alexander Orschechowski.
Am 30. Juli wurde in Pinsk ein Judenrat gegründet. Bald darauf fand die erste Massenvernichtung von Juden statt.
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„Am 5. August fanden in der Stadt Razzien statt, etwa 300 Personen wurden verhaftet und zur Gendarmerie gebracht. Und der Judenrat erhielt einen Befehl: Wenn alle männlichen Juden zwischen 16 und 60 Jahren, mit Ausnahme von Ärzten, Arbeitern und Handwerkern, am nächsten Tag nicht zum Bahnhof kommen, um zur Arbeit geschickt zu werden, werden die Geiseln erschossen. Die Leute kamen. Die Faschisten befahlen ihnen, ihre Dokumente und Taschen auf den Boden zu legen. Danach wurden sie in Kolonnen in Richtung Possenitschi abgeführt. Als die Männer die ausgehobenen Gräben und aufgestellte Maschinengewehre sahen, versuchten manche von ihnen zu fliehen. Aber die Absperrung war zu dicht. An jenem Tag erschoss das 2. SS-Kavallerieregiment mindestens 7000 Menschen“, erzählt Alexander Orschechowski. „Am 7. August wurde Pinsk erneut durchsucht. Dieses Mal wurde nach Personen gesucht, die nicht zum Sammelplatz erschienen waren. Kranke und alte Menschen, die nicht mehr gehen konnten, wurden direkt in ihren Betten getötet. Im strömenden Regen wurden die Menschen mit erhobenen Händen ins Dorf Kosljakowitschi gebracht. Drei große Gruben wurden vollständig mit den Leichen der Hingerichteten gefüllt. Nachdem die SS-Männer die Arbeit beendet und die Leichen leicht mit Sand bedeckt hatten, aßen sie hier zu Mittag. Die Razzien wurden am 8. August fortgesetzt. Insgesamt wurden etwa 11 Tausend Menschen erschossen.
Im Mai 1942 entstand das Judenghetto in Pinsk, das im Oktober vernichtet wurde. Innerhalb von drei Tagen wurden etwa 29 Tausend Menschen erschossen. Darüber hinaus gab es auf dem Gebiet der Stadt drei Konzentrationslager: eines für Zivilisten und zwei für Kriegsgefangene. Insgesamt folterten und erschossen die Nazis während des Krieges mehr als 59 Tausend sowjetische Bürger und Militärangehörige in Pinsk.
Geschäfte, Kasernen, Krankenstationen und sogar ein SD-Gebäude wurden in die Luft gejagt
Als Reaktion auf die Aktionen des Feindes bildeten Menschen Untergrundorganisationen und Gruppen, die meist aus jungen Leuten bestanden. Sie agierten zuerst im Flusshafen, in den Streichholz- und Marmeladenfabriken und bei der Eisenbahn. Der antifaschistische Untergrund existierte in Pinsk von September 1942 bis Anfang 1944.
Patrioten in der Stadt und in den Dörfern schrieben die Berichte des Sowinformbüros auf und verteilten die per Hand angefertigten Flugblätter unter der Bevölkerung. Sie sammelten auch Munition und Waffen, die beim Rückzug unserer Truppen zurückgeblieben waren, halfen Rotarmisten, die aus der Einkesselung und Gefangenschaft entkommen waren, versteckten und behandelten Verwundete. Für die Partisanen bereiteten die Untergrundarbeiter Lebensmittel, Kleidung, Medikamente und Waffen vor, sammelten Informationen und führten Sabotageakte auf feindlichen Objekten durch. Wer in den Fabriken arbeitete, beschädigte Geräte und Lebensmittel, machten Werkzeug kaputt und beschafften mit gefälschten Dokumenten Lebensmittel und Kleidung für die Partisanen in der Marmeladenfabrik und in deutschen Lagern.
„Es waren Mitglieder des Untergrunds, die das SD-Gebäude in die Luft sprengten und dabei mehrere Gestapo-Leute umbrachten“, präzisiert Alexander Orschechowski. „Explosionen gab es auch in einem deutschen Geschäft, in der Magyar-Kaserne und in der Krankenstation. Im Herbst 1942 brannten die Untergrundkämpfer zwei deutsche Bauernhöfe nieder und zerstörten viele Kühe, Schweine, Pferde und landwirtschaftliche Geräte.“
Er wiederholte die Heldentat von Sussanin
Untergrundkämpfer von Pinsk agierten in enger Zusammenarbeit mit den Partisanen.
„Anfang Juli 1941 verließ die Partisaneneinheit Korsch-Komarow die Stadt Pinsk und ließ sich in den Wäldern von Schitkowitschi nieder. Mit jedem Tag wurden die Kämpfe der Volksrächer gegen die Faschisten noch erbitterter“, sagt Alexander Orschechowski. „Mitte Juli griffen sie eine motorisierte deutsche Kolonne an, Anfang August beschossen sie das gegnerische Hauptquartier, dabei wurden fünf Offiziere, neun Unteroffiziere und ein Soldat getötet, Waffen und Dokumente wurden beschlagnahmt. Am 1. März 1942 unternahmen die Partisanen einen Überfall mit Schlitten, bei dem sie deutsche Garnisonen zerschlugen und Kollaborateure töteten. Und im September führten sie eine Aktion zur Befreiung von 43 Personen durch, die von den Deutschen zum Tode verurteilt worden waren.
1943 zählte der Pinsker Partisanenverband 8.000 Kämpfer, die in 7 Brigaden aufgeteilt waren: Budjonny, Kirow, Kuibyschew, Lenin, Molotow, „Sowjetisches Weißrussland“, Pinsk. Jede Brigade bestand aus 3-4 Einheiten, von denen die meisten im östlichen Teil der Region Pinsk stationiert waren.
Die Faschisten versuchten mit aller Kraft, die Partisanen zu vernichten und ihre Hauptkräfte zu zerschlagen. Im Winter 1943 zogen sie drei Divisionen von der Front ab, 43 Tausend Mann wurden in der Nähe der Partisanenzonen konzentriert. Sie wollten die Partisanen einkesseln und vernichten. Glücklicherweise erfuhr das Partisanenkommando rechtzeitig von den Plänen des Feindes und holte die Truppenteile zweimal aus der Umzingelung heraus. Der Plan der Nazis, die an Stärke und Ausrüstung weit überlegen waren, scheiterte.
„Der Partisanenkampf wurde von der Bevölkerung breit unterstützt, die Zivilisten leisteten einen heldenhaften Widerstand. Jedem ist klar, dass es für die einfachen Leute viel schwieriger war, dem Feind zu widerstehen,“ sagt der Museumsmitarbeiter. „Die Partisanen konnten zuschlagen und sich zurückziehen. Die Einwohner wurden wegen Ungehorsam und Widerstand vernichtet, ganze Dörfer wurden verbrannt.“
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Dennoch haben die Menschen gegen den Feind gekämpft, obwohl sie wussten, dass sie sterben würden. Ein Beispiel dafür ist die Heldentat der Brüder Zuba aus dem Dorf Nowiny. Als Anfang Februar 1943 die Deutschen in das Dorf eindrangen, trieb Iwan Zuba gerade eine Kuh aus dem Stall. Es war zu spät, um noch wegzukommen, der Weg zum Wald war abgeschnitten. Die Nazis führten den Mann in das Haus, aus dem sie bereits seinen 75-jährigen Bruder Michail herausgezogen hatten. Als er sich weigerte, den Partisanen den Weg zu zeigen, wurde Michail erschossen. Iwan willigte ein, führte die Faschisten aber nicht zu den Partisanen, sondern in das undurchdringliche Dickicht der Sümpfe von Gritschinowo.
Pinsk wurde während der Operation „Bagration“ befreit. Am Abend des 14. Juli begrüßte Moskau die Truppen der 1. Weißrussischen Front, die die Stadt Pinsk einnahmen, mit zwanzig Artilleriesalven aus 224 Geschützen.
Ein einzigartiges Buch „Statistik der Bevölkerung von Pinsk“ wird in den Beständen des Museums des Belorussischen Polesje aufbewahrt. Laut der Statistik lebten 17 939 Menschen jüdischer Nationalität im Oktober 1942 in Pinsk. Weitere Informationen dieser Art gibt es jedoch nicht mehr - es besteht kein Zweifel, dass alle Juden von den Faschisten vernichtet wurden.
Straßen tragen ihre Namen
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Berkowitsch Straße
Einer der Organisatoren und Führer des Komsomol und der Jugenduntergrund- und Partisanenbewegung in der Region Pinsk. Er kämpfte gegen den Feind in der Partisaneneinheit von Korsch. Schaja Berkowitsch besorgte Funkgeräte und richtete den Empfang von Meldungen des Sovinformburos ein, die von den Partisanen unter der Bevölkerung verteilt wurden. Der ehemalige Partisan und Genosse Gawriil Bobrik erzählte, wie es den Volksrächern bei einer Operation im November 1941 gelang, den Feind zu überlisten. „Schaja spielte die Rolle eines Polizisten, Nordman war als deutscher Offizier verkleidet, ich wurde zum Kommandanten der Lubaner Polizei. Auf unsere Bitte hin verließen die Polizisten das Dorf und legten ihre Waffen nieder. Hier wurden sie getötet. Am selben Tag zerstörten wir feindliche Garnisonen in den Dörfern Ossowo und Sabrodje“. Schaja Berkowitsch starb am 3. Juli 1942 in einem Kampf. Posthum wurde er mit dem Orden des Vaterländischen Krieges II. Klasse ausgezeichnet. Eine Straße in Pinsk trägt seinen Namen.
General-Nordman-Straße
Die Straße ist zu Ehren des Helden des Großen Vaterländischen Krieges, des Ehrenbürgers von Pinsk Eduard Nordman, benannt. In den ersten Kriegstagen schloss er sich der Partisaneneinheit Korsch an. Er kämpfte in den Regionen Brest, Pinsk, Polesje, Minsk sowie in den ukrainischen Regionen Wolhynien und Rivne. Er war Mitglied des regionalen Untergrundkomitees der LKSMB in Pinsk, Sekretär des regionalen Untergrundkomitees und des Komsomol-Komitees der Stadt Pinsk. Er wurde mit dem Orden der Oktoberrevolution, zwei Orden des Roten Banners, dem Orden des Vaterländischen Krieges I. Klasse und zahlreichen Medaillen ausgezeichnet. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst in Pinsk, dann in Russland in Strafverfolgungsbehörden. Für seine aktive Arbeit zur Rekrutierung von Komsomolzen und Jugendlichen für den Kampf gegen die deutschen Invasoren im Gebiet Pinsk, für sein persönliches Heldentum und seinen großen Beitrag zum Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Stadt wurde er 1980 mit dem Titel „Ehrenbürger von Pinsk“ ausgezeichnet.
Tschuklai-Straße
Als der Krieg begann, war Iwan Tschuklai einer der ersten, der sich der von Wassili Korsch gebildeten Partisaneneinheit anschloss. Seine erste Heldentat vollbrachte er am 28. Juni 1941. Mitten in der Schlacht sprang er auf einen feindlichen Panzer, tötete den Fahrer und den Beifahrer und feuerte mit dem erbeuteten Maschinengewehr auf den Feind. Später ließ er mit anderen Kameraden einen feindlichen Panzerzug entgleisen, sprengte Eisenbahnlinien und legte Hinterhalte. Anfang September 1942 wurde er bei Starobin durch eine feindliche Kugel getötet. Auf der Rückkehr von einem Kampfeinsatz geriet eine Gruppe von Volksrächern in den Hinterhalt. Der Kampf war kurz, aber hart. Posthum wurde er mit dem Lenin-Orden ausgezeichnet. Nach Tschuklais Tod wurde eine Partisaneneinheit nach ihm benannt. Heute trägt eine der Straßen von Pinsk den Namen des Helden.
Autorin: Julia Gawrilenko,
Fotos: Wioletta Juschakowa, Museum des Belarussischen Polesje