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29 November 2024, 20:31

„Er schwamm zum Feind, an einen Baumstamm geklammert und mit Maschinengewehr unterm Arm“. Erstaunliche Geschichten von Kämpfern, die um den Brückenkopf Lojew kämpften

Während des Großen Vaterländischen Krieges kämpften die Einwohner hunderter belarussischer Städte und Dörfer gegen den Feind und brachten den Sieg näher. Sechsunddreißig Ortschaften zeichneten sich besonders aus und wurden später mit dem Wimpel „Für Mut und Tapferkeit im Großen Vaterländischen Krieg“ ausgezeichnet. Dieses Abzeichen wurde am 6. Oktober 2004 durch einen Erlass des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der Republik von den deutsch-faschistischen Invasoren eingeführt. Hinter jeder der 36 Zitadellen der Tapferkeit verbirgt sich eine erstaunliche Geschichte von Mut, Heldentum und dem Glauben an einen Sieg für alle. Wir werden sie in unserem neuen Projekt zum 80. Jahrestag der Befreiung von Belarus von den Nazis erzählen. Der nächste Ort in dieser Liste ist Lojew.

Als sich die sowjetischen Truppen im Herbst 1943 tief in den Brückenkopf Lojew durchkämpften, war buchstäblich jeder Zentimeter dieses Landes mit Blut getränkt. An der Schlacht um den Dnjepr, die als eine der blutigsten in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs gilt, waren auf beiden Seiten bis zu 4 Millionen Menschen beteiligt. Mehr als 12 Tausend Befreier starben - das ist mehr als die gesamte Bevölkerung des heutigen Kreises Lojew. Und die Sucharbeiten gehen weiter.

Erwachsene wurden erschossen, Kinder wurden lebendig begraben

Im Gegensatz zu den meisten belarussischen Ortschaften gelang es den Nazis erst Ende Sommer 1941, die Stadt Lojew zu besetzen: Von Juli bis August verlief in der Nähe des Kreiszentrums die Frontlinie, im August wurde die Stadt von der 3. Armee der Zentralfront verteidigt.

„Unmittelbar nach der deutschen Wehrmacht kamen in die Stadt die SS-Einheiten, Einsatzgruppen, Sonderkommandos, die Geheime Feldpolizei, die Gendarmerie, die Gestapo, die Sicherheitspolizei und der Sicherheitsdienst – sie alle haben in den ersten Tagen der Besetzung ihre eigene Ordnung geschaffen. Es wurden lokale Selbstverwaltungsorgane mit Bürgermeister und dem Ältestenrat an der Spitze eingerichtet, in allen größeren Dörfern wurden Polizeistationen und Garnisonen geschaffen. Andersdenkende wurden sofort ermordet“, sagt Wiktoria Jaschenko, Direktorin des „Museums der Schlacht um den Dnjepr.“

Besonders grausam gingen die Nazis gegen Juden vor. Im September wurde in Lojew ein offenes Ghetto eingerichtet - die Menschen durften ihre Wohnungen nicht verlassen und wurden zur Zwangsarbeit eingesetzt. Das Gebiet wurde nicht bewacht, dennoch war es den Gefangenen untersagt, öffentliche Plätze aufzusuchen, die Hauptstraße entlang zu gehen und sogar mit Vertretern anderer Nationalitäten zusammenzukommen.
Ende Oktober 1941 töteten die Nazis an einem Tag etwa 150 Juden: Erwachsene wurden in ausgehobene Gruben gebracht und erschossen, Kinder wurden lebendig begraben. Die zweite Hinrichtung fand einen Monat später statt. Wie beim ersten Mal kam wieder ein Strafkommando für diese „Arbeit“ nach Lojew. Die Menschen wurden über den Dnjepr gebracht und getötet. Während der Besatzung wurden praktisch alle im Bezirk lebenden Juden ausgerottet. Diejenigen, die es schafften zu überleben, gingen meist in den Wald und schlossen sich den Partisanen an.

Wiktorija Jaschenko erzählte, dass die Eingeborenen fast unmittelbar nach der Besetzung gegen den Feind kämpften. In der Gegend gab es Untergrundorganisationen, Partisanenbrigaden „Für das Vaterland“ und „Bolschewik“.

Bei einem Überfall aus den Wäldern von Bransk auf die rechtsufrige Ukraine in der Nacht zum 7. November 1942 eroberten die Partisanenverbände Kowpak und Saburow gemeinsam mit belorussischen Partisanen den Dnjepr-Übergang bei Lojew, zerschlugen die deutsche faschistische Garnison und besetzten die Siedlung. Am Nachmittag des 7. November fanden ein Treffen und eine Parade der Partisanen zu Ehren des 25. Jahrestages der Oktoberrevolution statt.

Die Deutschen haben am nächsten Tag beim Versuch, die Partisanen aus der Siedlung zu vertreiben, alle verfügbaren Reserven zusammengezogen. Es kam zu heftigen Kämpfen zwischen den Nazis und den Partisanen. Während des Kampfes unternahm das 8. Partisanenbataillon ein Umgehungsmanöver und versetzte dem von hinten auf das Dorf vorrückenden Feind südlich von Lojew einen plötzlichen Schlag. Nach zwei Tagen verlor der Feind 14 Fahrzeuge, 5 gepanzerte Fahrzeuge. Mehr als 200 Soldaten und Offiziere wurden getötet und verwundet. Der Feind war gezwungen, sich zurückzuziehen. Die Einwohner halfen den Partisanen, auf das rechte Ufer des Dnjepr zu gelangen, und viele von ihnen schlossen sich den Volksrächern an.

Die Menschen opferten ihre Häuser, damit die Soldaten Boote bauen konnten

Nach einer Reihe vernichtender Niederlagen 1943 hat Adolf Hitler befohlen, eine starke Verteidigungslinie zu errichten. Und im Herbst 1943 hatte der Feind mit dem „Ostwall“ eine von Narwa bis zum Unterlauf des Dnjepr hinziehende gestaffelte Verteidigungslinie aufgebaut. Es befand sich hauptsächlich entlang der Flüsse - am rechten, hohen Ufer - und bestand aus Bunkern, Minenfeldern und Schützengräben, die in mehreren Reihen angeordnet waren.

Die nationalsozialistische Führung war fest entschlossen: Der „Ostwall“ sollte eine unüberwindbare Barriere für die vorrückende Rote Armee darstellen. Hitler glaubte so fest an die Unverwundbarkeit dieses Bauwerks, dass er bei einer Besprechung sagte: „Eher fließt der Dnjepr rückwärts, als dass die Russen den „Ostwall“ überwinden.“ Aber er unterschätzte wieder den Heroismus unserer Soldaten. Dieses Heldentum wurde im Herbst 1943 zu einem Massenphänomen.

„Am rechten Ufer des Dnjepr, mitten im Zentrum von Lojew, befanden sich deutsche Verteidigungsanlagen. Es gab bis zu 7 Schützengrabenlinien in der Nähe der Dörfer Gluschez und Deraschitschi. Und sie waren alle miteinander verbunden. Die Situation für die Rote Armee wurde durch uneinnehmbare, bis zu 15 Meter hohe Steilhänge am Dnjepr erschwert. Die Deutschen hatten an diesem Brückenkopf einen absoluten Vorteil. Aber unser Kommando musste den Fluss um jeden Preis überwinden“, sagt der Museumsdirektor.

Die Erstürmung des Dnjepr bei Lojew begann im Morgengrauen des 15. Oktober. Die Schlacht um den Brückenkopf von Lojew wurde zu einer der blutigsten in der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, wie Wiktorija Jaschtschenko anmerkt. Der Kreis Lojew wurde von drei Armeen befreit: der 61. Armee unter Pawel Below, der 65. Armee unter Pawel Batow und der 16. Luftarmee unter Sergej Rudenko. Für die Vorbereitung der Operation waren nur fünf Tage vorgesehen.

„In dieser Zeit mussten unsere Soldaten Boote und Flöße bauen, was vor 80 Jahren eine fast unmögliche Aufgabe war. Die Deutschen setzten auf die Taktik der verbrannten Erde, kein einziger Baum blieb in der Nähe des Flusses übrig. Einheimische Fischer kamen zu Hilfe, aber selbst das reichte nicht aus“, sagt Wiktorija Alexandrowna. „Und dann geschah etwas Ungewöhnliches – die Menschen verließen ihre Häuser und ließen aus dem Holz Boote und Flöße bauen! Unvergesslich ist die Heldentat des Partisanes Fjodor Tschutschwago, der sein Haus dafür geopfert hat. Er selbst hat während der Erstürmung des Dnjepr mehrere Male Soldaten der 65. Armee von einem Ufer zum anderen befördert.

Er starb, vernichtete aber Dutzende Faschisten

Insgesamt waren bis zu 45 Nationalitäten an der Erstürmung des Dnjepr beteiligt. Die ersten, die den Dnjepr überquerten, waren schwere Fahrzeuge, dann wurde die Siedlung 40 Minuten lang mit „Katjuschas“ beschossen.

Erst am Abend des 16. Oktober wurde Lojew befreit. Tausende sowjetische Soldaten starben in der Schlacht um den Dnjepr, die meisten von ihnen ruhen noch immer auf dem Grund dieses majestätischen Flusses. Viele dieser Helden taten vor ihrem Tod Unglaubliches für den Sieg. Einer von ihnen war Fjodor Popow, ein gebürtiger Jakute. Zusammen mit seinen Kameraden versuchte er, das gegenüberliegende Ufer des Dnjepr zu überqueren. Als sich die Soldaten in der Mitte des Flusses befanden, explodierte eine feindliche Granate in der Nähe des Floßes.

„Das Floß wurde in Stücke gerissen, die Soldaten fanden sich im Wasser wieder. Doch Popow agierte blitzartig: Er hielt sich mit einer Hand an einem Baustamm fest, unter dem anderen Arm hatte er ein Maschinengewehr. An jenem Tag tat der Rotarmist das scheinbar Unmögliche: Trotz schwerer nasser Kleidung und eiskaltem Wasser überquerte er den Fluss, brach in die erste Grabenlinie ein und begann zu schießen. Er hat sich selbst geopfert, aber der Rest der Kompanie konnte den Fluss ohne Verluste überqueren. Er starb. Aber vorher gelang es ihm, mehrere Dutzend Faschisten zu vernichten“, erzählte die Museumsdirektorin.

Nicht nur Männer nahmen an der Schlacht um den Dnjepr teil. Die tapfere Irina Popowa (Leutnant) befehligte eine Kompanie von Spähern. Die junge Frau unternahm zusammen mit ihren Kämpfern Dutzende von Einsätzen und kehrte fast immer mit wichtigen Daten zurück. Die von ihr und ihrer Gruppe gewonnenen Informationen wurden von der 61. Armee auch bei der Vorbereitung der Offensive genutzt. Leider kam auch sie bei der Erstürmung des Flusses ums Leben. Die Museumsmitarbeiter schätzen, dass bei der Befreiung des Kreises Lojew etwa 20 Soldatinnen ums Leben kamen.

Drei Personen wiederholten die Heldentat von Alexander Matrosow. Einer von ihnen überlebte. Das kann man nur als ein Wunder bezeichnen.

„Georgi Maisuradse griff zusammen mit seinen Kampfkameraden die feindlichen Stellungen bei Lojew an, als sie einen Bunker entdeckten. Der Soldat warf zwei Granaten auf den Bunker, aber der Maschinengewehr-Schütze feuerte und feuerte. Es war auch nicht möglich, den Feind in den Verschluss zu erschießen. Dann warf sich Georgi auf das Maschinengewehr und deckte es mit sich selbst ab“, erzählt Wiktorija Aleksandrowna. „Georgi Maisuradse wollte man posthum mit dem Titel „Held der Sowjetunion“ auszeichnen. Aber er hat es geschafft zu überleben! Nach 12 Operationen holten ihn die Ärzte buchstäblich aus dem Jenseits zurück. Er starb im Jahr 1966 im Alter von 65 Jahren.

Auf dem Territorium des Kreises Lojew sind 43 Helden der Sowjetunion begraben. Die größte Begräbnisstätte befindet sich im Dorf Deraschitschi. Dort liegen die sterblichen Überreste von mehr als 2 000 Soldaten und Offizieren, darunter 12 Helden der Sowjetunion, begraben.

Im Jahr 2015 wurde in Lojew die Allee der Helden angelegt und das „Monument des Ruhmes“ rekonstruiert. Das Denkmal wurde 1966 errichtet und von den Teilnehmern der Dnjepr-Offensive enthüllt, darunter von Kommandeur der 65. Armee Pawel Batow. Bei den Restaurierungsarbeiten fand man an der Spitze des Obelisken eine Flasche mit einer Ausgabe der Zeitung Pravda und einem Stück Papier, auf dem stand: „Diese Stele wurde von den Kindern der Teilnehmer des Großen Vaterländischen Krieges errichtet“.

Im Zentrum von Lojew befindet sich ein Massengrab, in dem die Überreste von 545 Menschen begraben sind, darunter 9 Helden der Sowjetunion. Die sterblichen Überreste von Boris Zarikow sind separat beigesetzt.


Strtaßen tragen ihre Namen:

Zarikow Straße

Unteroffizier, Aufklärer des 43. Schützenregiments der 106. Schützendivision der 65. Armee der Zentralfront Boris Zarikow wurde 1926 in Gomel in der Familie eines Angestellten geboren. Als sein Vater und seine älteren Brüder an die Front gingen, beschloss auch er, ihnen zu folgen. Er nannte sein wahres Alter nicht, sondern schrieb sich ein Jahr zu. Zuerst ging er zu den Partisanen und von dort an die Front. Im März 1942 erhielt Boris Zarikow seine Feuertaufe in der Nähe des Dorfes Ploty. Im Frühjahr und Sommer führte er mehrere Sabotageaktionen auf der Eisenbahn durch. Er erlebte heftige Gefechte auf dem Kursker Bogen und an der Desna. Und am 15. Oktober 1943 überquerte er mit einer Gruppe von Minenlegern den Dnjepr bei Lojew. hisste die Rote Fahne am rechten Ufer und nahm fünf Tage lang an den Kämpfen um die Erweiterung des Brückenkopfes teil. Er unternahm 9 Angriffe auf das gegenüberliegende Ufer und zog auf dem Rückweg Verwundete auf sich.

Boris Zarikow wurde einen Tag vor seinem 17. Geburtstag mit dem Titel „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet. Er starb am 13. November 1943. Eine der Straßen im Stadtzentrum ist nach ihm benannt.

Batow Straße

Zweimaliger Held der Sowjetunion, General der Armee. Pawel Batow kämpfte seit Juni 1941 an den Fronten des Großen Vaterländischen Krieges. Im Oktober 1942 wurde er zum Kommandeur der 65. Armee ernannt, die unter seiner Führung an der Schlacht von Stalingrad und Kursk, der Erstürmung des Dnjepr, der Befreiung der BSSR, Polens, der Weichsel-Oder-Operation und Berlins teilnahm. Im Oktober 1943 gelang es den Truppen der 65. Armee unter seinem Kommando als Teil der Zentralfront, den Dnjepr bei Loev zu überwinden. Bei anhaltenden Kämpfen gegen den Feind eroberten sie einen Brückenkopf von großer operativer Bedeutung, von dem aus die Befreiung von Belarus begann.

1966 wurde in Lojew ein Obelisk „Denkmal des Ruhms“ errichtet, bei dessen Einweihung der Kommandeur der 65. Armee Pawel Batow persönlich anwesend war. Straßen in der städtischen Siedlung und im Dorf Hominka im Bezirk Lojew tragen seinen Namen.

Aparin Straße

Im November 1942 wurde Sergeant Aparin in das 43. Schützenregiment eingezogen, das aus Soldaten der Grenz- und Innentruppen des NKWD gebildet wurde. Seit Februar 1943 diente er an den Fronten des Großen Vaterländischen Krieges. Am 15. Oktober 1943 begann das Regiment, den Dnjepr zu überqueren. Während der Überquerung zerstörte das feindliche Artilleriefeuer das Floß, auf dem Aparins Mannschaft übersetzte, und das Geschütz sank. Nachdem er das Seil abgefangen hatte, zog Aparin zusammen mit den Männern einer anderen Berechnung das Geschütz vom Grund des Flusses. Am Ufer angekommen, nahm die Berechnung sofort den Kampf auf. Ein Bunker und zwei Schießstände wurden zerstört, was das Vorrücken der Infanterieeinheiten sicherte. Am 16. Oktober warfen die deutschen Truppen Panzer in die Schlacht. Die Einheit wurde von drei feindlichen Panzern angegriffen, aber der Angriff wurde zurückgeschlagen. Durch den Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 30. Oktober 1943 wurde Oberfeldwebel Aparin der Titel „Held der Sowjetunion“ mit dem Lenin-Orden und der Medaille mit dem Goldenen Stern verliehen.

Er starb am 16. November 1943 und wurde im Massengrab der sowjetischen Soldaten im zentralen Park der Siedlung beigesetzt. Eine der Straßen von Lojew trägt seinen Namen.

Julia Gawrilenko,
Zeitung „7 Tage“


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