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01 Dezember 2025, 16:03

Ist auf dem 20 Dollar-Schein das Kreisexekutivkomitee Schlobin abgebildet? Was antworten die Behörden? 

GOMEL, 1. Dezember (BelTA) – Wie lange wird das Gebäude des Kreisexekutivkomitees Schlobin auf einem Dollar-Schein „gedruckt“ und warum ist die Öffentlichkeit erst jetzt darauf aufmerksam geworden? ONT-Journalisten haben die „Bilder“ aus verschiedenen Blickwinkeln verglichen. Sergej Pogrebizki, Historiker und Leiter der Abteilung für ideologische Arbeit und Jugend in Schlobin, kommentierte die Aufregung rund um die Tatsache, dass das Kreisexekutivkomitee Schlobin und das Weiße Haus viele Ähnlichkeiten aufweisen. 

Die auffallende Ähnlichkeit zwischen den beiden Gebäuden, die auch noch rein zufällig Verwaltungsgebäude sind, hat die aufmerksamen Belorussen mehr als überrascht. In den sozialen Netzwerken posten Hunderttausende Begeisterte ihre Kommentare. Ist das ein Phantasiespiel oder ein Gruß aus Belarus auf den US-Banknoten. Das Interesse war enorm. 

Die strenge Symmetrie der Linien, der Giebel, die Säulen und die Anordnung der Fenster in einem zweistöckigen Gebäude – die Residenz in Schlobin und die Residenz des US-Präsidenten sind praktisch nicht voneinander zu unterscheiden. Vor dem gleichen  architektonischen Hintergrund und der hitzigen Diskussion erscheinen die Unterschiede in den Details wie Dach oder Flachrelief dem kollektiven Bewusstsein fast irrelevant.

Sergej Pogrebezki ist gebürtiger Schlobiner. Die Geschichte der Stadt und ihre Architektur kennt er nicht nur aus Archiven. Er hat persönlich beobachtet, wie sich seine Heimatstadt im Laufe der Jahrzehnte verändert und entwickelt hat. 

Das „Zwillingsgebäude“ des Weißen Hauses wurde in Schlobin 1954 erbaut. Es war schon immer ein Verwaltungsgebäude. In den 1960er Jahren wurde hier ein Flügel angebaut. Seitdem gab es keine Interventionen mehr in die sowjetische Architektur. Nur die Fassade wurde in den 2000-er Jahren etwas erneuert – aus gutem Anlass: in der Stadt wurde das landesweite Erntedankfest organisiert. Damals änderte man leicht die Form der Säulen an der Eingangsgruppe: Aus runden wurden mehrkantige Säulen gemacht. Das Weiße Haus wurde 1800 erbaut. Die Fakten zeigen: Der Unterschied beträgt 150 Jahre. 

Die Einheimischen und die Mitarbeiter des Exekutivkomitees nehmen die Situation mit Humor wahr. „Hat Schlobin ein eigenes „Weißes Haus“? Es gibt Ähnlichkeiten, aber unser ist schöner“, schmunzeln die Beamten. Menschen, die seit vielen Jahren in diesem Gebäude arbeiten oder gerade erst ihren Berufsweg beginnen, werden nicht müde, mit Wärme über das Äußere und das Innere des Gebäudes zu sprechen. Besonders bemerkenswert sind die 3 m hohe Säulen am Eingang.

Es ist ein Zufall, dass architektonische Projekte, die auf verschiedenen Seiten des Ozeans realisiert wurden, auf einem US-Dollarschein einander begegnet sind.

Ab 1928 wurden in den USA Banknoten mit dem Abbild des Weißen Hauses gedruckt. Numismatiker und Sammler merken an, dass die Darstellung der „Schlobin-Fassade“ auf diesen Geldscheinen erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt wurde. „Zuvor hatte die Nationalbank von Amerika Banknoten mit einer anderen Ansicht des Weißen Hauses herausgegeben. Nach dem Jahr 2000 wurde eine Veränderung vorgenommen, die das Gebäude aus einer neuen Perspektive zeigt. Die 10- und 20-Dollar-Scheine gehören zu den beliebtesten und am häufigsten verwendeten in den USA – ihre Druckzahlen sind enorm“, erklärte Waleri Krawtschenko, Mitglied des Vorstands der belarussischen Numismatik-Gesellschaft.

Obwohl die beiden Gebäude zu unterschiedlichen Zeitpunkten erbaut wurden, weisen sie denselben Architekturstil auf. Das Weiße Haus wurde von einem irischen Architekten im Palladianismus entworfen. Im Gegensatz dazu ist das Gebäude des Exekutivkomitees in Schlobin im sowjetischen Neoklassizismus oder im stalinistischen Empire-Stil gestaltet, der geschickt verschiedene Stile miteinander kombiniert.

„Der Architekt des Weißen Hauses brachte die Idee aus Irland mit, wo er sich wiederum stark an seinen italienischen Kollegen orientiert hatte. Und wir haben natürlich das Beste aus aller Welt übernommen, aus Italien, Irland und Amerika. Deshalb ist das Ergebnis so ähnlich“, erklärte Wiktor Feschtschenok, Schlobins Chefarchitekt von 1988 bis 2002.

Einige Fachleute für belarussische Architektur gingen sogar einen Schritt weiter und hoben die Gemeinsamkeiten zwischen den amerikanischen Residenzen und den Gebäuden in Schlobin sowie dem Exekutivkomitee in Schitkowitschi hervor.

Zusätzlich hat die Stadt der Metallurgen viele architektonische Parallelen aufgezeigt. In diesem Zusammenhang könnte es sich jedoch um eine Bildungseinrichtung handeln, da die Mittelschule Nr. 5 in Schlobin bei näherer Betrachtung ähnliche Formen aufweist. Um ihre historische Relevanz zu betonen, wurde auf dem Gelände ein Skulpturenpark aus dem 20. Jahrhundert angelegt. „Wir sind bereit, diese Tradition weiterzuführen. Wenn jemand ähnliche Skulpturen besitzt, nehmen wir sie gerne entgegen, restaurieren sie und integrieren sie in unsere Freiluftausstellung“, erklärte Sergej Pogrebezki. Außerdem fügte er eine Liste mehrerer „weißer Häuser“ aus der sowjetischen Ära in Schlobin hinzu, darunter die Mittelschule Nr. 6 im Kreiszentrum sowie das Kino Rodina, beide in den 1950er Jahren errichtet.

Die Heimatforscherin Ljudmila Petrowskaja betonte: „Das sollte nicht verwundern – während der Sowjetzeit wurden zahlreiche Gebäude nach einheitlichen Plänen errichtet. Ähnliche Bauwerke für Kreisexekutivkomitees sind in vielen Städten zu finden. Der einzige Unterschied liegt in der Ausführung und der Farbgestaltung.“

„Unser Kreis beherbergt viele architektonisch interessante Gebäude, über die wir sprechen könnten, aber am besten überzeugen Sie sich selbst und erkunden sie von innen. Dazu gehören beeindruckende alte Landgüter und luxuriöse Sportanlagen. Unsere Region ist außerdem Heimat einer bedeutenden Metallindustrie, daher können wir Ihnen ein breites Spektrum an touristischen Angeboten bieten – von historischen über sportliche bis hin zu industriellen“, so Sergej Pogrebezki abschließend.

Das Schlobiner Geschichts- und Heimatmuseum sieht die gegenwärtige Situation als Glücksfall für das Kreiszentrum. Die Stadt der Metallurgen heißt Touristen stets willkommen und freut sich darauf, Gäste zu empfangen und ihre historischen sowie architektonischen Geheimnisse zu enthüllen. „Wir sind bereit, die durch den 20-Dollar-Schein geweckte Neugier zu stillen und Ihnen noch viel bedeutendere historische Fakten zu präsentieren.“
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