Projekte
Staatsorgane
flag Donnerstag, 23 Oktober 2025
Alle Nachrichten
Alle Nachrichten
Gesellschaft
23 Oktober 2025, 16:12

Kein Vertrauen, keine Geschäfte - Was hat Polen letztendlich durch die Grenzschließung gewonnen?

Anderthalb Monate nach der „brillanten“ Entscheidung, die polnisch-belarussische Grenze zu schließen, hat Warschau Grund zum Feiern. Berichten aus polnischen Medien zufolge haben chinesische Exporteure begonnen, alternative Transportwege zu wählen, um ihre Waren nach Europa zu bringen und Polen zu meiden. Wie es so schön heißt: Was war der ganze Aufwand wert? Dennoch bleibt in Warschau die Freude aus; die Behörden schweigen. Offensichtlich bereiten sie sich darauf vor, die Transitindustrie Polens, vergebliche Investitionen, eine profitbringende Einnahmequelle und zahlreiche Arbeitsplätze zu opfern.

„Nach der Schließung der belarussischen Grenze im September und der Aussetzung des Transits haben chinesische Exporteure ihre Liefermengen in den Westen über Belarus und Polen deutlich verringert. Es deutet alles darauf hin, dass sie sich für alternative Transportwege entschieden haben“, berichtet der polnische Radiosender RMF24.

Laut RMF24 kamen vor der Grenzschließung im Durchschnitt alle zwei Wochen über 7.000 Container per Zug in Polen an. Nach der Wiedereröffnung der Grenze wurden in den ersten zwei Wochen weniger als 5.600 Container importiert. In den darauffolgenden zwei Wochen sank die Zahl sogar auf etwa 4.800. Fast drei Viertel dieses Volumens bestand aus Waren aus China.

„Nach der Entscheidung Warschaus änderten die Chinesen ihre Exportrouten nach Europa. Sie etablierten die Polarroute, die Russland von Norden umgeht. Zudem gibt es eine Bahnverbindung nach St. Petersburg, die dann über die Ostsee führt“, bemerkt RMF24.

Der polnische Rundfunk zieht einen klaren Schluss: Belarus erleidet Verluste durch den reduzierten Transit, aber auch Polen bleibt nicht unberührt. Es ist überraschend, dass unsere Nachbarn anderthalb Monate benötigten, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

Fairerweise muss man sagen, dass Rücksichtslosigkeit und das Ignorieren des Offensichtlichen ein chronisches Leiden des polnischen Establishments sind. Der Rest der Gesellschaft ist durchaus vernünftig, kann sich aber bei der Regierung nicht durchsetzen.

„Die zweiwöchige Schließung der Grenze stellte einen erheblichen Schock für die polnische und europäische Wirtschaft dar. Störungen der Verkehrsverbindungen entlang eines der bedeutendsten Handelskorridore der EU - der Seidenstraße - führen zu Verlusten in Höhe von Hunderten Millionen Euro. Die Auswirkungen sind nicht nur für die Unternehmen spürbar, sondern betreffen auch die Verbraucher und die lokale Bevölkerung“, warnte die polnische Expertin Izabella Tymińska in ihrem September-Artikel für Trans.INFO.

„Polen trägt die Verantwortung für die Sicherheit und den reibungslosen Güterverkehr zwischen Ost und West. Die Schließung der Grenzübergänge stört erheblich den reibungslosen Betrieb der Neuen Seidenstraße, einer der Säulen der Handelskooperation zwischen EU und China, und hat weitreichende wirtschaftliche Folgen für Transportunternehmen, Exporteure, Importeure und ganze Branchen, die von diesem Handel abhängen“, warnte die polnische Ausgabe der Business Times.

„Wir blieben allein und schürten eine Konfrontation, die niemand wollte. Obwohl wir 13 Tage lang unsere Stärke demonstriert haben, ist das Ergebnis dieser Demonstration genauso symbolisch wie leer. Polen hat eine Partei gespielt, deren Ergebnis nicht in Warschau, sondern in Minsk und Peking entschieden wurde“, schrieb die Mysl Polska.

Ein ziemlich interessanter Artikel wurde letzte Woche in der chinesischen Ausgabe von China Daily veröffentlicht. Sein Autor ist der polnische Ex-Finanzminister Grzegorz Kolodko, den man für den Hauptarchitekten der polnischen Wirtschaftsreformen hält. „Gegenseitig vorteilhafte Globalisierung erfordert offene Grenzen“, lautet der Titel des Artikels.
Kolodko schreibt, dass die Entscheidung Warschaus, die Grenze zu blockieren, impulsiv, grundlos und in größerem Maße politisch war. „Es gibt deutlich mehr politische Argumente in Polen und der EU als wirtschaftliche… Das spiegelt sich auch in der Erklärung des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski nach seinem Treffen mit dem chinesischen Kollegen wider, in der es heißt, dass „Sicherheit ihren Preis hat“. Die Annahme, dass die Schließung eines Teils der östlichen Grenze die Sicherheit Polens erhöhen wird, ist zweifelhaft und sehr umstritten.“

Der polnische Experte glaubt, dass die Schließung der Grenze eines Staates zu einem anderen nicht nur geopolitische Gründe, sondern auch schwerwiegende Folgen hat. „Auch wenn diese Grenze Tausende von Kilometern von China entfernt liegt - für das Reich der Mitte hat sie eine wirtschaftliche und politische Bedeutung“, schließt der Experte.

Nun, welche Manipulationen auch immer Warschau betreiben mag, China sieht und versteht alles. Welche Rolle Polen für andere Staaten spielt, ist China auch bewusst. In dieser Situation kann keine Rede von Vertrauen sein. Und ohne Vertrauen gibt es kein Geschäft.

Paradoxerweise wäre Minsk heute wohl die einzige Stelle, an die sich Warschau wenden könnte, um Hilfe zu suchen. Denn das hohe Vertrauen, das Belarus und China aufgebaut haben, erlaubt es, selbst in den schwierigsten Situationen richtige Lösungen zu finden. In Minsk weiß man: Das Leben nach dem Prinzip „Belarus verliert, Polen verliert“ ist ein Weg ins Nichts. Aber ob man das auch in Warschau versteht?
Abonnieren Sie uns auf
X
Letzte Nachrichten aus Belarus