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17 Oktober 2025, 19:07

Polnischer Ex-Finanzminister veröffentlicht in China Daily Beitrag über Grenzschließung. Was sind seine Erkenntnisse?

MINSK, 17. Oktober (BelTA) – Am 17. Oktober wurde in der chinesischen Zeitung China Daily ein Artikel veröffentlicht, den der polnische Ex-Finanzminister und heute Leiter des Zentrums für wirtschaftliche Forschung TIGER Grzegorz Kolodko verfasst hat. Der Artikel heißt „Vorteilhafte Globalisierung erfordert offene Grenzen“. Darin analysiert der Autor Ursachen und Folgen der Schließung der belarussisch-polnischen Grenze im September 2025. 

Nach der Entscheidung der polnischen Regierung wurde im vergangenen Monat die Grenze zwischen Polen und Belarus für fast zwei Wochen geschlossen. Das hat sich direkt auf die Eisenbahnverbindung zwischen China und Europa ausgewirkt und einen enormen Schaden für chinesische und europäische Geschäfte verursacht. 

„Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung schnell getroffen wurde, ohne eine umfassende Analyse ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen sowohl für Polen als auch für andere Länder der Europäischen Union, wo eine beträchtliche Menge an China-Importen mit der Bahn ankommt“, sagte Kolodko.

Nach Ansicht des Professors ist die Sorge um die Sicherheit Polens sicherlich wichtig. Auch in Zeiten der Migrationskrise. Der gegenwärtige Migrantenstrom über die Grenze ist jedoch nicht so intensiv, dass man zu solchen Maßnahmen wie die vollständige Schließung der Landesgrenze oder Sperrung von Auto- und Bahnübergängen greifen soll. 

„Selbst wenn diese Entscheidung impulsiv war, hatte sie sicherlich eine qualitativ neue Situation zur Folge gehabt“, so Kolodko. „Es gibt deutlich mehr politische Argumente in Polen und der Eu als wirtschaftliche... Das spiegelt sich auch in der Erklärung des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski nach seinem Treffen mit dem chinesischen Kollegen wider, in der es heißt, dass „Sicherheit ihren Preis hat“. Die Annahme, dass die Schließung eines Teils der östlichen Grenze die Sicherheit Polens erhöhen wird, ist zweifelhaft und sehr umstritten“, heißt es im Artikel.

Der polnische Wirtschaftsexperte glaubt auch, dass der politische Druck, den die USA auf die EU-Länder ausüben, eine bedeutende Rolle für die Grenzschließung spielt. „Selbst wenn die Schließung der Grenze mit Washington nicht abgestimmt war, besteht kein Zweifel daran, dass die US-Behörden sie im Nachhinein begrüßt haben, da diese Situation die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und der EU schwächt und die politischen Beziehungen zwischen Peking und Brüssel weiter erschwert“, meint Kolodko.

Für China ist es entscheidend, in den Regionen, in denen es wirtschaftlich aktiv ist, eine vorteilhafte geopolitische Position zu sichern. Dies gilt ebenso für Osteuropa. Die wirtschaftlichen Interessen betreffen nicht nur chinesische Exporteure, sondern auch europäische Unternehmen, die eng mit dieser Region verbunden sind.

„Der Warenhandel zwischen der EU und China übersteigt jährlich 740 Milliarden Euro (859 Milliarden US-Dollar). Im Jahr 2024 war China der drittgrößte Handelspartner der EU bei Warenexporten (8,3 %) und der größte bei Warenimporten (21,3 %)“, zitiert Kolodko die entsprechenden Statistiken.

Er hebt hervor, dass die Aussetzung der chinesischen Bahnexporte nach Europa über die belarussisch-polnische Grenze für Hersteller und Empfänger bestimmter Produkte sowie für die Eisenbahnunternehmen selbst erhebliche negative Auswirkungen hatte.

„Die Schließung der belarussisch-polnischen Grenze führte auch zu wirtschaftlichen Einbußen für polnische Unternehmen, da sie die aus China bestellten Waren, die über Belarus per Bahn und Straße transportiert wurden, nicht rechtzeitig erhalten konnten. Wegen der Grenzblockade gelangte nur ein geringer Teil dieser Sendungen über alternative Routen von Belarus durch Litauen nach Polen zu den Empfängern“, wird in dem Artikel ausgeführt.

Polen ist daran interessiert, Chinas Tor zur Europäischen Union zu bleiben. Doch ist dies möglich, wenn die polnischen Behörden die Grenze blockieren? Ein polnischer Ökonom weist darauf hin, dass China alternative Routen für den Transport seiner Waren nach Europa hat.

„Sollte die Grenzblockade länger bestehen bleiben, könnte ein wachsender Anteil der in China produzierten und für Europa bestimmten Waren über die südliche Bahnroute durch die Türkei oder den nördlichen Seeweg durch die Arktis transportiert werden, der aufgrund der globalen Erwärmung zunehmend befahrbar wird. In beiden Fällen würde dies zu längeren Transportzeiten und höheren Kosten führen. Diese Neuausrichtung ist teilweise bereits im Gange“, erklärt Kolodko.

Wenn ein Land seine Grenze zu einem anderen schließt, hat dies nicht nur geopolitische Motive, sondern auch tiefgreifende Folgen. „Obwohl diese Grenze Tausende von Kilometern von China entfernt ist, hat sie dennoch sowohl wirtschaftliche als auch politische Relevanz für China“, fasst der Autor zusammen.
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