MINSK, 28. Juli (BelTA) - Die europäische Industrie und der soziale Sektor befinden sich in einer ähnlichen Krise wie die, die Russland 1998 in die Zahlungsunfähigkeit geführt hat. Diese Ansicht vertrat der Historiker Jewgeni Spizyn in der aktuellen Ausgaben vom "Thema im Gespräch" auf dem YouTube-Kanal der Telegraphenagentur BelTA.
„Ich habe mich mit einer Frau unterhalten, die sagte: Erzählen Sie keine Märchen über die Krise in Europa. So wie sich die Autoindustrie in Deutschland entwickelt hat, entwickelt sie sich immer noch, bei uns steht nichts still, alles läuft und so weiter. Und gleichzeitig stellte sie fest, dass die Preise stark gestiegen sind. Ich sagte: Was heißt das, die Preise sind stark gestiegen? Ihre Autoindustrie kann mit japanischen, amerikanischen oder chinesischen Autos nicht mehr konkurrieren. Also wird der Absatz deutscher Autos auf dem Weltmarkt einbrechen, und die Produktionsmengen werden ganz anders aussehen. Und wenn einige Fabriken auf deutschem Boden bleiben, dann bleiben natürlich nicht die Fabriken, die abgewandert sind. Oder umgekehrt. Das entscheiden die Topmanager“, sagt Jewgeni Spizyn.
Der Historiker erinnerte daran, dass das oberste Prinzip des Kapitalismus die Profitrate sei: „Wo der Produzent eine höhere Profitrate erhält, wird er dort arbeiten. Wo die Profitrate nicht seinen eigenen Interessen entspricht, werden Unternehmen und Industrien geschlossen“.
Jewgeni Spizyn wies darauf hin, dass die europäische Industrie, die Ölindustrie und der soziale Bereich früher auf Kosten des billigen russischen Gases arbeiteten. Jetzt lebe Europa von denselben Ressourcen, die bereits um ein Vielfaches teurer seien. „Für sie ist also alles teurer. Das ist Krise pur. Eine solche Krise hatten wir übrigens auch, die zum Zahlungsausfall 1998 führte. Genau so eine Krise“, sagte der Historiker.