Projekte
Staatsorgane
flag Donnerstag, 20 März 2025
Alle Nachrichten
Alle Nachrichten
Gesellschaft
18 März 2025, 20:00

„Wir marschierten so heftig, dass wir Absätze und ganze Sohlen abschlugen.“  Soldat der Panzeraufklärung aus Brest nahm an der Siegesparade 1945 teil

Antonina Jewtuschenko aus Brest bewahrt in ihrem Familienarchiv ein unschätzbares Relikt und Erbe einer großen und freundlichen Familie – das handgeschriebene Buch mit dem Titel „Der Lebensweg von Georgi Fjodorowitsch Koblow“. Auf mehr als hundert Seiten erzählt ihr Großvater, Veteran des Großen Vaterländischen Krieges, Gardemajor Georgi Koblow, seine Lebensgeschichte. Er beschreibt sowohl militärische Operationen als auch wahre Heldentaten seiner Kampfkameraden. Es ist eine Geschichte, in der es wenig Platz dem Tod und den Verlusten eingeräumt wird, sondern eine, die vom Leben, Glück, Freundschaft, Tapferkeit und einer wahren Liebe des Aufklärers erzählt. Das alles konnte ihm der Krieg nicht wegnehmen.  

„Wir marschierten so heftig, dass wir die Absätze und Schuhsohlen abschlugen“

In seiner Autobiographie erinnert sich Georgi Koblow an die Ereignisse von Juni 1945 in nur ein paar Worten. Damals war er in Gedanken bei seiner Frau und der Tochter. Auf das Wiedersehen mit der Familie wartete der Kriegssoldat 4 Jahre lang. Wenn sich nach dem Krieg die große Familie Koblow am Tisch versammelte, sprach der Veteran oft über die erste Siegesparade und seine Teilnahme daran. Die Töchter hörten seinem Vater aufmerksam zu, um diese Geschichte später ihren Enkelkindern weiter zu geben. 

„Mein Vater sagte, die Vorbereitungen auf die Parade waren sehr gründlich. Die Soldaten fielen müde um, sie wurden auf dem Exerzierplatz heftig gedrillt. Aber niemand klagte, alle fühlten sich ausnahmslos verantwortlich. Mein Vater wiederholte oft: „Wir sind nicht nur für uns selbst marschiert, sondern auch für all diejenigen, die den Sieg nicht mehr erlebt haben“. Am Tag der Parade hielten sie in den Kolonnen Schritt und marschierten so heftig, dass einige von ihnen ihre Absätze und Sohlen abgeschlagen haben“. 

Der Veteran erinnerte sich auch oft daran, wie die Gesichter der Moskauer vor Freude strahlten, als sie die Befreier marschieren sahen. 
„Mein Großvater sprach nicht gerne über den Krieg, er hat nie mit seinen Heldentaten geprahlt, obwohl er viele davon auf dem Konto hatte“, gibt die Enkelin des Veteranen Antonina Jewtuschenko zu. „Und wenn er über die vierziger Jahre sprach, erzählte er oft Geschichten über seine Kampfkameraden. Dies ist eine einzigartige Generation von Menschen, die bereit waren, für die Rettung eines Kameraden zu sterben. Der Großvater schätzte die Erinnerung an seine Waffengenossen, insbesondere an diejenigen, die den Sieg nicht mehr erlebten. Und er betonte immer wieder, dass diese Erinnerung an die kommenden Generationen weitergegeben werden sollte. 

Der Krieg des Aufklärers Koblow 

Georgi Fjodorowitsch Koblow war ein erblicher Orenburger Kosak. Er wurde 1912 im Dorf Linewka, Kreis Sol-Ilezk, Gebiet Orenburg, geboren. 

„1918 starb mein Urgroßvater Fjodor Owtschinnikow, ein Jahr darauf starb meine Urgroßmutter an Typhus. Sechs Kinder wurden an einem Tag Waisen. Der Älteste war damals zehn Jahre alt, der Jüngste war erst ein Jahr alt. Die Kinder haben Verwandte und Nachbarn bei sich aufgenommen. Mein Großvater und seine Schwester wurden von der Familie Koblow adoptiert“, erzählt Antonina Gennadjewna. „Das Familienoberhaupt Alexander Koblow war im Kreis als Parteifunktionär aktiv, und so ist es nicht verwunderlich, dass mein Großvater, der ein solches Beispiel sah, als erster den Pionieren und dann dem Komsomol beitrat. Im Jahr 1933 meldete er sich freiwillig zur Armee, nach dem Ende des aktiven Dienstes blieb er auf Zeit“. 

Als der Krieg begann, hielt sich der Rotarmist in Suprasl bei Bialystok auf. Im Morgengrauen des 22. Juni wurde das 4. Motorradregiment, in dem Unterleutnant Koblow einen Aufklärungszug befehligte, in Alarmbereitschaft versetzt. Bald meldete der Nachrichtenchef des Regiments, Oberleutnant Tschorny den deutschen Angriff. „Er forderte, dass der Aufklärungszug jeden Moment bereit wäre, die Kampfaufgaben zu erfüllen. Waffen hatte im Zug nur ich, das war eine Pistole mit einem Magazin in Reserve. Der Chef der Aufklärung befahl mir, sofort Waffen und Munition zu besorgen. Auf dem Weg zum Lager hoffte ich auf ein Treffen mit meiner Frau. Sie hatte ein Baby auf dem Arm, und ich wollte ihr irgendeinen Rat geben. Aber in dem Moment, als ich die Waffen besorgte, flogen deutsche Flugzeuge über den Standort des Regiments und warfen Bomben auf uns. Sie trafen das Treibstoff- und Schmiermittellager und es gab eine riesige Explosion und ein großes Feuer. Deshalb musste der Besuch bei meiner Frau ins Wasser fallen. Bei der Ankunft am Konzentrationsort wurde der Befehl gegeben: „Aufklärung, vorwärts!“ Wir mussten unterwegs Waffen und Munition verteilen“, erinnerte sich Georgi Koblow. 

Das Regiment bewegte sich auf den Feind zu. Unsere Truppen traten in den Kampf ein und hielten den Feind auf, bis die Hauptstreitkräfte eintrafen. Sie gewannen diese Schlacht, aber die Lage spitzte sich zu. In den folgenden Gefechten agierte das 4. Motorradregiment als Teil des 6. mechanisierten Korps.

„In der Nähe von Slonim geriet der Zug in einen Kessel. Bei der Überwindung des Flusses Schtschara wurde mein Großvater durch ein Schrapnell am Bein verwundet. 28 Tage brauchten die Kämpfer, um aus der Umzingelung auszubrechen. Die ganze Zeit trugen die Kameraden ihren Kommandanten auf einer Bahre durch Wälder und Sümpfe“, erzählt Antonina Jewtuschenko. 

Im Dezember 1941 wurde Georgi Koblow zum Kommandeur eines Motorradzuges einer eigenen Aufklärungskompanie ernannt. So begann sein Dienst als Aufklärer bei den Panzertruppen.

„Bald wurde die 7. Panzerbrigade in die Nähe von Charkow, zum Ort Balakleja, verlegt. Hier erlitt er während einer Schlacht eine Gehirnerschütterung, sein Panzer fuhr auf eine Mine und explodierte. Aber die Ärzte retteten ihn wieder“, erzählt die Enkelin weiter. „Nach den blutigen Kämpfen bei Charkow wurde der Rest der Brigade nach Woroschilowgrad gebracht, um sich neu zu formieren. Aus drei Einheiten wurde eine - die 5. Panzergardebrigade. Mein Großvater wurde zum Leutnant befördert und zum Kommandeur eines Aufklärungszuges ernannt“.

Die Soldaten des Zuges unter der Führung von Georgi Koblow beschafften wertvolle Informationen. Die Aufklärer kehrten von ihren Einsätzen zurück und brachten einen „Informanten“, feindliche Dokumente und Waffen mit. 

Mit seinem Zug kämpfte Georgi Fjodorowitsch im Donbass und im Kaukasus. Dafür wurde er mit dem Orden des Roten Sterns ausgezeichnet. Er nahm an den Kämpfen um Armavir, Malgabek, Ardon, Alagir, Noworosijsk und Taman teil. In seinem Buch beschrieb der Veteran viele Kampfhandlungen, an denen er zusammen mit seinen Kameraden teilnahm. Eine der anschaulichsten war die Schlacht um Mukatschewo. „Die Aufklärungsgruppe hatte den Auftrag, die Brücke über die Latoriza einzunehmen und sie bis zum Heranrücken der Hauptstreitkräfte zu halten. Vor der Siedlung Swaljawa stieß die Gruppe auf ein Hindernis - einen Panzergraben. Die Versuche, einen Umweg zu finden, blieben erfolglos. Unweit des Grabens stand ein Haus des Straßenmeisters mit Nebengebäuden. Der Besitzer sprach kaum Russisch, verstand aber die Situation und erlaubte es, seinen Schuppen abzureißen und eine Überfahrt zu organisieren. Von einem Leuchtturm am Flussufer aus, der die Haupttruppen aufnehmen und übersetzen sollte, drang die Aufklärungsgruppe in die Stadt ein und kämpfte dort“, schrieb der Veteran. Als Ergebnis dieses Kampfes wurden eine feindliche Kanone und ihre Mannschaft zerstört, zwei Feuerstellen unterdrückt und ein Panzerabwehrhinterhalt entdeckt.

Besonders schwere Kämpfe fanden in Deutschland statt. Auf dem Weg nach Berlin mussten die sowjetischen Truppen die Oder überwinden. Vor dem Angriff hatten die Späher den Auftrag, eine Schwachstelle in der feindlichen Verteidigung ausfindig zu machen, diese zu durchbrechen und bis zur Stadt Strumen vorzudringen, die Brücke zu erobern und sie bis zum Herannahen der Hauptbrigade zu halten. In diesem Gefecht zerstörten die Späher ein Panzerabwehrgeschütz und zwei Maschinengewehre, eroberten und räumten die Brücke von den Minen. Die feindliche Garnison verließ die Stadt in Panik, doch Georgi Koblow verfolgte den Feind weiter. 

Im März 1945 durchbrachen Infanteristen und Panzerfahrer die deutsche Verteidigung und besetzten die Stadt Ratibor. Bei diesen Kämpfen wurde Georgi Fjodorowitsch erneut verwundet. Während er im Krankenhaus lag, erhielt das Hauptquartier der Brigade den Befehl, Major Koblow zum Studium an der Akademie für gepanzerte und mechanisierte Truppen abzuordnen. Am 26. April 1945 reiste Georgi Fjodorowitsch nach Moskau, wo er den lang ersehnten Sieg erlebte.  

Georgi Koblow wurde mit dem Orden des Roten Sterns und dem Orden des Vaterländischen Krieges I. Klasse, zwei Orden des Vaterländischen Krieges II. Klasse, Medaillen „Für Tapferkeit“, „Für militärische Verdienste“, „Für die Verteidigung des Kaukasus“, „Für den Sieg über Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945“ ausgezeichnet. 

Julia Gawrilenko,
Fotos: Familie von Georgi Koblow,
Zeitung „7 Tage“.

          
Abonnieren Sie uns auf
X
Top-Nachrichten
Letzte Nachrichten aus Belarus