Die multivektorale Politik von Belarus ist nach vielen Jahren bereits zu einem symbolischen Markenzeichen unseres Staates geworden. Als Alexander Lukaschenko an die Macht kam, hat er sofort die außenpolitischen Prioritäten bestimmt: Russland ist unser Hauptpartner, aber wir wollen in Freundschaft mit allen Nachbarn leben und Beziehungen selbst zu sehr fernen Ländern entwickeln. Und es war keineswegs ein Versuch, auf zwei oder sogar drei Stühlen zu sitzen. So können nur jene glauben, die über den eigenen Tellerrand nicht schauen können. Die multivektorale Politik ist eine Möglichkeit, Unabhängigkeit und wirtschaftliche Souveränität zu gewährleisten.
Übrigens, was bedeutet das Wort „Unabhängigkeit“? Der Präsident sagte einmal: Unabhängigkeit ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Darüber wollen wir reden. In der neuen Ausgabe von „Wie war es“ auf dem YouTube-Kanal der Telegraphenagentur BelTA erzählen wir, wie Belarus seine multivektorale Politik gestaltete, welche geopolitische Katastrophe der belarussische Staatsführer 2010 zu vermeiden suchte und wer der jungen souveränen Republik Knüppel zwischen die Beine warf, wie der ukrainische Präsident in Europa Belarus verteidigte und in wessen Netz unser Land geraten könnte, wenn es nicht besser aufgepasst hätte.
Wie entstand der Konflikt zwischen Belarus und Russland
Also, wir schreiben das Jahr 2010. Der Januar begann für den belarussischen Staatschef nicht nur mit traditionellen Sport- und Kulturveranstaltungen, sondern auch mit dringenden Verhandlungen mit russischen Partnern.
Ende 2009 war die Öllieferung ein heißes Thema in den bilateralen Beziehungen zwischen Belarus und Russland. Es gelang ihnen nicht, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, aber gleichzeitig konnten die Parteien eine vorübergehende Lösung erarbeiten. Später jedoch lehnte Russland die vereinbarten Bedingungen de facto ab und legte andere Bedingungen vor, die für Belarus inakzeptabel waren. In diesem Zusammenhang sendet Alexander Lukaschenko einen Brief an den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, in dem er die Position der belarussischen Seite darlegt. Gleichzeitig stellen die westlichen Medien fest: Der Konflikt zwischen Russland und Belarus ist zwar unbedeutend, hat aber die Steigerung der Ölpreise weltweit verursacht.
Was genau Alexander Lukaschenko an Dmitri Medwedew geschrieben hat, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Aber nach ein paar Wochen führte der belarussische Staatschef in Minsk Gespräche mit dem Präsidenten Turkmenistans, Gurbanguly Berdymuchamedow, und äußerte seine Meinung zum Aufbau von Beziehungen im globalen Energieraum.
„Wir gehen in Belarus davon aus, dass die Beziehungen im globalen Energieraum unter Berücksichtigung der Interessen aller Teilnehmer - Exporteure, Importeure und Transitstaaten - aufgebaut werden müssen. Hier ist es wichtig, die langfristigen Interessen der Partner mit Respekt zu behandeln. Das Streben nach einem momentanen Vorteil kann alle bisherigen Bemühungen zur Entwicklung einer Vertrauensbeziehung durchstreichen. Ich weiß, dass mein Amtskollege, der Präsident Turkmenistans, den gleichen Standpunkt vertritt“, war der belarussische Staatsführer eindeutig.
Warum flog Lukaschenko nach Venezuela
Im Frühjahr reiste Alexander Lukaschenko zu einem offiziellen Besuch nach Venezuela. Natürlich führten Meinungsverschiedenheiten mit der russischen Seite dazu, nach neuen Öllieferanten zu suchen, aber es ging nicht nur darum. Der Präsident hat längst verstanden: Für ein exportorientiertes Land wie Belarus kann nur durch eine Diversifizierung der Lieferungen eine stabile Wirtschaft gewährleistet werden. Dann war es für unser Land eine Frage des Überlebens, der nationalen Sicherheit und der staatlichen Unabhängigkeit, die Beziehungen zu Süd- oder Lateinamerika, Asien oder Afrika aufzubauen. Auch heute riskiert niemand, elle Eier in einen Korb zu legen.
Im Jahr 2010 war die Diversifizierung für Belarus alles andere als ein neuer Begriff. Lieferte das Land in den 1990-er Jahren 80 bis 85 Prozent seiner Exportgüter nach Russland, waren es im Jahr 2009 nur 32 Prozent. Logischerweise vergrößerte sich der Anteil der EU-Staaten an den belarussischen Exporten – von wenigen Prozentpunkten auf 44%. Es war an der Zeit, die Lieferungen in ferne Länder zu vergrößern, zum Beispiel nach Venezuela.
In kurzer Zeit haben Minsk und Caracas die Beziehungen auf das Niveau einer strategischen Partnerschaft gebracht. Wenn das gegenseitige Handelsvolumen 2006 nur $ 6 Millionen betrug, überschritt es 2009 $ 230 Millionen und wurde dabei hauptsächlich durch belarussische Exporte gebildet. Die Länder haben sich mit Projekten im sozialen Bereich, im Energiesektor, im militärtechnischen Bereich beschäftigt. Und der aktuelle, bereits zweite Besuch von Alexander Lukaschenko in Caracas zielte darauf ab, die vielschichtigen belarussisch-venezolanischen Beziehungen zu stärken. Natürlich entstanden diesmal auch die Möglichkeiten für eine enge Zusammenarbeit in der Energiebranche.
„Ich als Präsident, unsere Regierungsmitglieder und unser belarussisches Volk sind sehr besorgt darüber, was in Venezuela passiert. Ich möchte, dass du verstehst, dass wir auf die Prozesse, die in Venezuela stattfinden, genauso sehen wie auf die öhlichen Prozesse in Belarus. In Venezuela genießen wir das Vertrauen der Menschen. Und das Vertrauen des Staatschefs persönlich. Wir sind bereit, alles, was wir haben, in einen Korb zu legen“, sagte Alexander Lukaschenko bei den Gesprächen mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez.
Obwohl sich Belarus und Venezuela auf verschiedenen Kontinenten befinden, hat dies die beiden Länder nicht davon abgehalten, erfolgreich zu interagieren und eine gleiche Auffassung von Weltgeschen zu haben, den Druck zu ignorieren und doppelte Standards in der internationalen Politik nicht anzuerkennen. Sie haben keine Angst, einen unabhängigen internen und externen Kurs zu vertreten und im Interesse ihrer Völker umzusetzen, nicht zu Gunsten multinationaler Konzerne oder der Oligarchen-Clans.
Belarus und Venezuela sind vom einfachen Handel allmählich zu komplexeren Formen der Zusammenarbeit übergegangen. Dies wurde durch die erfolgreiche Umsetzung von Projekten in der Erdölförderung, der seismischen Erkundung der Erde und der Seismotechnik, Gasversorgung, Architektur und Bauwesen, Industrie, Landwirtschaft, Forschung und Entwicklung sowie im militärtechnischen Bereich bestätigt. Leider können sich unsere Länder heute aus objektiven Gründen nicht mehr mit denselben bahnbrechenden Projekten rühmen. Aber das Fundament ist gelegt, und es ist durchaus möglich, dass auf dieser Grundlage im Laufe der Zeit ein gutes Haus gebaut wird.
Alexander Lukaschenkos Besuch in Caracas ist nicht nur für die bilateralen Beziehungen historisch geworden. Dank der getroffenen Vereinbarungen hat Venezuela zum ersten Mal die Möglichkeit erhalten, mit seinem Öl nach Europa zu gelangen. Was ist typisch für die belarussische Außenpolitik? Die Belarussen kommen in jedes Land - und Venezuela ist keine Ausnahme - als engste Freunde und Brüder und bieten nicht nur ihre Waren und Dienstleistungen an, sondern auch die Entwicklung neuer Technologien.
Ein halbes Jahr später führten Alexander Lukaschenko und Hugo Chávez erneut eine Verhandlungsrunde durch - diesmal in Belarus. Und für den Präsidenten Venezuelas war es bereits der fünfte Besuch in der belarussischen Hauptstadt. Hugo Chávez erklärte damals, dass Venezuela in Belarus ein Brudervolk und eine Heimat im Zentrum Europas gefunden habe. Und es war gegenseitig.
Was hat Belarus mit Brasilien ausgemacht
Aus Venezuela reiste Alexander Lukaschenko im März 2010 zum ersten offiziellen Besuch nach Brasilien, wo er den Präsidenten Lula da Silva traf (er war von 2003 bis 2011 Staatsoberhaupt und kehrte vor ein paar Jahren wieder in dieses Amt zurück).
In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten die Präsidenten die Absicht, den Dialog fortzusetzen und die Beziehungen zwischen den Ländern zu intensivieren, um die beiden Völker weiter zusammenzubringen. Die Staatschefs waren sich einig, dass Belarus und Brasilien gemeinsame Ansichten über das Völkerrecht, die Stärkung der Demokratie, den Schutz der Menschenrechte, den Kampf für Frieden und internationale Sicherheit haben. Lula da Silva begrüßte die Entscheidung Lukaschenkos, bald eine belarussische Botschaft in Brasilien zu eröffnen, und erklärte, dass sein Land nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit auch eine Botschaft in Minsk eröffnen werde.
Die Staatsoberhäupter haben die Weichen für eine weitere Kooperation gestellt, und dank des damaligen Treffens ist Belarus den Brasilianern gut bekannt. Ja, vielleicht konnte nicht alles, was man beabsichtigt hatte, umgesetzt werden. Aber wie im Fall von Venezuela haben die Länder heute viel gemeinsam und können sich vorwärts bewegen.
Eine Art Sprungbrett für den Beginn der Zusammenarbeit zwischen Belarus und Brasilien war der Staat Goias - das Herz des Landes. Eine Delegation aus dieser brasilianischen Region kam ein paar Monate vor dem Besuch des Präsidenten nach Minsk. Damals betonte Alexander Lukaschenko, dass Belarus sich in Südamerika auf die Schulter Brasiliens stützen möchte, denn ohne die Beteiligung dieses Staates wird kein einziges bedeutendes Problem auf der Welt gelöst. Der Gouverneur des Staates gab zu, dass die gesamte Delegation von dem, was sie in Belarus sah, begeistert war und von der Gastfreundschaft des belarussischen Volkes angenehm überrascht war. Aber es war an der Zeit, die wirklich wichtigen Dinge zu besprechen.
„Brasilien ist ein riesiges Land im globalen Maßstab. Und wir rechnen natürlich nicht damit und planen auch nicht, eine umfassende Zusammenarbeit mit Brasilien aufzubauen. Wir müssen uns an etwas festhalten, uns auf etwas gründlich stützen, damit wir von diesem Sprungbrett aus, um es in der Militärsprache auszudrücken, unsere Zusammenarbeit so weit ausbauen können, wie wir es hier können. Ich hoffe sehr, dass Sie uns nicht nur beim Aufbau unserer Beziehungen zwischen dem Bundesstaat Goiás und Belarus helfen werden, sondern dass Sie uns auch dabei helfen werden, Brasilien besser zu verstehen. Sie werden uns, offen gesagt, vielleicht in der Zusammenarbeit mit Brasilien anleiten. Es ist sehr wichtig für uns, hier keine Fehler zu machen. Wenn sich unsere Beziehungen so entwickeln, dann versichere ich Ihnen, dass wir jede Frage beantworten werden, die uns gestellt wird. Wir werden jedes Problem lösen, das wir lösen können. Und was wir können, wissen Sie bereits sehr gut", sagte Alexander Lukaschenko bei einem Treffen mit der Führung der brasilianischen Region.
Wie hat Belarus seine Beziehungen zu China aufgebaut
Was glauben Sie, wohin Alexander Lukaschenko nach seinem Besuch in Brasilien gereist ist? Natürlich nach Minsk. Aber wieder zu internationalen Verhandlungen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik China, Xi Jinping, ist nach Belarus gekommen. Er sei nicht nur in einem befreundeten Land angekommen, bemerkte der belarussische Staatschef, sondern praktisch in seiner Heimat. Und das war keineswegs als Schmeichelei gemeint. Sie haben sicher schon oft gehört, dass die Chinesen bei der Gestaltung ihrer Außenpolitik sehr vorsichtig sind, aber wenn sie einmal auf einen zugehen, dann für immer.
Belarus und China haben sich tatsächlich lange gegenseitig näher kennengelernt. Vor allem China. Es hat Belarus, unsere Innen- und Außenpolitik gründlich studiert. Und die Entscheidung wurde getroffen. Während die Länder Anfang der 2000er Jahre von einem Warenumsatz von 500 Millionen Dollar träumten, war dieser bereits 2010 um ein Vielfaches höher. Heute übersteigt er sogar 8 Milliarden Dollar. Insgesamt haben Belarus und China in 30 Jahren ihren Handel um das 140-fache gesteigert.
Als Ergebnis des Besuchs von Xi Jinping in Minsk und der Verhandlungen zwischen den Wirtschaftskreisen haben Belarus und China Verträge im Wert von fast 3,5 Milliarden Dollar abgeschlossen. Darüber hinaus hat China beschlossen, Belarus einen vergünstigten Kredit zu gewähren und unentgeltliche Hilfe zu leisten.
Alexander Lukaschenko versicherte den chinesischen Partnern, dass Belarus für China ein zuverlässiger Partner und eine Stütze auf dem europäischen Kontinent sei.
„Trotz der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gelingt es Belarus, politische Stabilität, Wirtschaftswachstum und einen Anstieg des Wohlstands der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Das bedeutet, dass wir Erfolge bei der Bekämpfung der Folgen der Weltkrise erzielt haben. Wir haben Ihre Schritte zur Entwicklung der belarussischen Wirtschaft stets mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und schätzen die jüngsten Erfolge des Landes sehr“, bemerkte Xi Jinping seinerseits.
Im Herbst besuchte Alexander Lukaschenko China. Die Reise nach Shanghai zur „Expo 2010“ entwickelte sich zu Verhandlungen auf höchster Ebene. In Peking traf der belarussische Präsident mit dem Vorsitzenden der Volksrepublik China, Hu Jintao, zusammen, um mit ihm die aktuelle Lage und die Perspektiven der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu erörtern und sich über die globale Agenda auszutauschen. Aber damit war das Programm des Staatschefs in der VR China noch nicht zu Ende. In der chinesischen Hauptstadt nahm Alexander Lukaschenko an der Eröffnungsfeier einer gemeinsamen Montagefabrik für belarussische Muldenkipper teil. Die Inbetriebnahme dieses Unternehmens war ein Meilenstein in der fruchtbaren Zusammenarbeit der beiden Länder. Das heißt, früher teilte Belarus seine Maschinenbautechnologien mit China, und jetzt bleibt China nicht mehr in der Schuld.
Wie hat Belarus die Differenzen mit Russland überwunden
Was geschah zu dieser Zeit in den belarussisch-russischen Beziehungen? Einige versuchten offen, Minsk Steine in den Weg zu legen. Sie scheuten sich nicht vor offen schmutzigen Methoden und versuchten, absurde Gerüchte zu verbreiten, dass die russische Sprache in Belarus angeblich unterdrückt werde. Sie vergaßen offenbar, dass Alexander Lukaschenko immer wieder betonte: Die russische Sprache ist unsere Sprache. Nur ein Idiot, so der Präsident, könne sich in Belarus gegen die russische Sprache entscheiden.
Aber offenbar wollte jemand die Lage künstlich anheizen. Gab es Gründe dafür? Ja, die gab es. Und zwar einen ganz besonderen. Aber darüber berichten wir etwas später.
„In diesem „trüben“ Wasser versuchen oligarchische Gruppen, die im Großen und Ganzen diese ganze Aufregung ausgelöst haben, ganz ungeniert einen Teil unserer Wirtschaft für sich zu beanspruchen. Die Führung Russlands geht manchmal davon aus, dass wir „keinen Ausweg finden“. Wir werden einen finden... Wir finden. Ein Land im Zentrum Europas wird nie alleine stehen. Aber niemand darf uns beugen und demütigen. Nicht weil ich so eitel bin. Ich kann es mir nicht erlauben, mein eigenes Volk zu erniedrigen! So pathetisch und laut das auch klingen mag, ich bin der Präsident eines Landes, der von zehn Millionen Menschen gewählt wurde, und es ist nicht erlaubt, mich zu beugen. Denn wenn der Präsident vor jemandem auf den Knien kriecht, demütigt sich das Volk“, betonte der Staatschef in seiner Botschaft an das belarussische Volk und das Parlament.
Alexander Lukaschenko erklärte, dass er keine Konfrontation mit Russland wolle und darüber hinaus ständigen Kontakt zu dessen Regierung unterhalte.
„Aber einigen dort gefällt es nicht, wenn der Präsident und ich uns über etwas einigen. Das ist nicht normal... Das muss überwunden werden! Ich sage das offen meinem Volk, und das wird man in Russland hören. Nur sollte man dann nicht einen Susdalzew und andere beauftragen, Kommentare abzugeben und den Präsidenten zu diffamieren. Denn wir wissen, wer diese Befehle erteilt und woher sie kommen, und wir werden sehr scharf darauf reagieren. Kehren wir zu einer normalen Zusammenarbeit zurück! Niemand wird heute irgendjemanden rumkommandieren dürfen. Wir müssen partnerschaftlich und brüderlich miteinander umgehen. Ich sage sogar in Verhandlungen, dass wir damit einverstanden sind, dass Russland unser „älterer Bruder“ ist. Aber ein älterer Bruder, der seinen jüngeren Bruder niemals beleidigen würde“, erklärte der belarussische Staatschef.
Und worin hat sich der Präsident geirrt?
Welche Politik verfolgte die Europäische Union gegenüber Belarus
Vor dem Hintergrund der Differenzen mit Russland, die im Laufe der Zeit zu einem Gasstreit eskalierten, schauten die westlichen Nachbarn – ob zufällig oder nicht – immer häufiger nach Minsk. Und nicht nur die Nachbarn.
Aber was auch immer hinter diesen Besuchen stand, Belarus strebte aufrichtig nach freundschaftlichen und für beide Seiten vorteilhaften Beziehungen zu allen Partnern und setzte sich für den Aufbau ausgewogener Beziehungen sowohl zum Osten als auch zum Westen ein. Es gab nur eine Bedingung, die Alexander Lukaschenko immer offen formulierte: respektvoller Umgang mit dem belarussischen Volk, Bereitschaft, ohne Hintergedanken, ohne Druck, aufrichtig, ehrlich und offen zu arbeiten.
„Ich möchte, dass Sie verstehen, dass wir nicht fallen werden, wir werden vor niemandem auf die Knie fallen – weder vor Ihnen (EU – Anm. BelTA), noch vor Russland, noch vor Amerika. Wir müssen doppelte Standards in den Beziehungen ablehnen und uns auf die wichtigsten Fragen von gegenseitigem Interesse konzentrieren. Das sind unsere Souveränität und Sicherheit, das ist die Unabhängigkeit unseres Belarus. Und wir werden im Namen der Wahrung dieser Unabhängigkeit alles tun. Wir werden nicht durch Europa, Amerika und Russland laufen, um Geld von Ihnen zu bekommen, auf der russischen Geige zu spielen und umgekehrt, wie es unsere Oppositionellen tun, die von einigen Politikern in Europa so sehr geliebt werden – das werden wir nicht tun“, erklärte Alexander Lukaschenko bei einem Treffen mit dem EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, Štefan Füle.
Der europäische Politiker schlug seinerseits vor, die problematischen Fragen in den Beziehungen zwischen Belarus und der EU zu klären: „Es liegt nicht im Interesse der EU, dass Belarus als eine Art Insel betrachtet wird. Wir sind daran interessiert, dass Belarus ein vollwertiges Mitglied der europäischen Gemeinschaft ist. Und wir sind daran interessiert, dass Sie Ihren größten Reichtum nutzen – nicht billiges Gas oder Öl, sondern Ihre Menschen, die Bewohner dieses schönen Landes.“
Im selben Jahr besuchte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė Minsk. Sie erklärte, dass ihr Land an einer Verbesserung und Intensivierung der Beziehungen zu Belarus interessiert ist.
„Litauen ist an wirtschaftlichen Beziehungen und unseren gemeinsamen Energieprojekten interessiert. Unter anderem bemüht es sich, die Politik der Europäischen Union gegenüber Belarus so intensiv und offen wie möglich zu gestalten. In diesem Sinne ist Litauen bereit, zusammenzuarbeiten und die Interessen von Belarus zu verteidigen, soweit Belarus dies selbst wünscht“, sagte Dalia Grybauskaitė.
Dalia Grybauskaitė und Alexander Lukaschenko, Oktober 2010
Im Vorfeld der Besuche westlicher Partner begannen auch westliche Medien, den belarussischen Präsidenten zu besuchen – ob nun Zufall oder nicht. Die Journalisten tasteten sich scheinbar vorsichtig vor: „Vielleicht ist es für Belarus an der Zeit, eine Kehrtwende um 180 Grad zu machen und den Weg der europäischen Integration einzuschlagen?“
Aber es gelang ihnen nicht, Alexander Lukaschenko an den Haken zu bekommen. Der Staatschef betonte, dass die große Politik keine abrupten Kehrtwenden duldet. Und wer in Europa wartet schon auf Belarus? Die Journalisten beharrten jedoch: „Belarus ist doch ein europäisches Land ...“ Und der Präsident blieb erneut kategorisch und erklärte, dass er keine Politik im Interesse bestimmter Gruppen oder Clans, sondern nur im Interesse des belarussischen Volkes betreiben kann.
Eine interessante Randbemerkung: Bei einem Treffen mit Studenten und Dozenten der Hochschulen von Mogiljow im Mai gab der Staatschef eine bemerkenswerte Erklärung ab. Anfang des Jahres fanden in der Ukraine Präsidentschaftswahlen statt. In seinem Kommentar zu den Beziehungen zwischen Minsk und Kiew räumte Alexander Lukaschenko ein, dass es während der Präsidentschaft von Wiktor Juschtschenko zu vielen Problemen zwischen den beiden Ländern gekommen ist. Darüber hinaus habe der ukrainische Politiker, so der Staatschef, mehr für Belarus getan als jeder andere ausländische Staatschef.
Alexander Lukaschenko, Mai 2010
„Er hat sich in Europa und Amerika für Belarus eingesetzt. Dafür war ich ihm immer dankbar. Er hat keine antirussische Haltung gefordert. Wir hatten gemeinsame Ansichten, Berührungspunkte, und wir haben versucht, dies für die Entwicklung unserer Beziehungen zu nutzen“, sagte Alexander Lukaschenko.
Gut, aber was ist mit Europa selbst? Vertreter der EU-Länder bekundeten bei Treffen mit dem belarussischen Staatschef ihre Unterstützung. Aber tatsächlich geschah, was geschah: Niemand wollte ein solches Belarus – ein Land, das seine eigene Meinung und Position hat und nicht bereit ist, sich zu beugen – in seine „warmen“ Arme schließen. Aber es für ihre eigenen Zwecke zu nutzen – warum nicht? Im Gegenzug könnte Belarus, so deuteten europäische Beamte an, einen angenehmen Bonus erhalten – Milliarden Euro an Unterstützung.
„Polen unterstützt die Ziele und Aufgaben der „Östlichen Partnerschaft“, nämlich die wirtschaftliche Integration, die Vereinfachung der Visabestimmungen und die Zusammenarbeit, die zur Annäherung beitragen wird. Moldawien, das ebenfalls Mitglied der „Östlichen Partnerschaft“ ist, ein Land, das viel kleiner ist als Belarus, wird in Kürze Hilfe in Höhe von rund zwei Milliarden Euro erhalten. Ich gehe davon aus, dass politische Möglichkeiten geschaffen werden, damit Belarus von dieser Zusammenarbeit profitieren kann“, sagte der polnische Außenminister Radosław Sikorski bei einem Treffen mit Alexander Lukaschenko.
Alexander Lukaschenko und Radosław Sikorski, November 2010
Was Lukaschenko als höchsten nationalen Wert der Belarussen bezeichnete
Was waren die Gründe für all diese Intrigen? Warum wurde Druck auf Belarus ausgeübt, warum wurde versucht, es in die eigenen Netze zu locken? Hier ist alles klar: Am Ende des Jahres standen in dem Land Präsidentschaftswahlen an. Und der belarussische Staat, der in der Lage war, eine souveräne Politik zu betreiben, obwohl er dafür, wie viele meinen, keine moderne Grundlage hatte – nämlich Energieressourcen –, war offensichtlich einigen ein Dorn im Auge.
In seiner Rede vor der 4. Allbelarussischen Volksversammlung, nur wenige Wochen vor den Wahlen, bemerkte Alexander Lukaschenko, dass Unabhängigkeit nicht nur ein formaler Akt der Verabschiedung einer Erklärung und nicht nur äußere Attribute wie Flagge, Wappen, Hymne und Währung ist. Es ist das Recht des Volkes, selbstständig die Strategie der sozioökonomischen, politischen und kulturellen Entwicklung zu wählen, die eigenen nationalen Interessen zu verteidigen und den Lebensstandard zu verbessern. Belarus hat trotz des unglaublichen Drucks und der massiven Erpressung von allen Seiten nicht nachgegeben. Die Belarussen haben nicht zugelassen, dass die geschaffene politische und soziale Stabilität zerstört wurde. Sie haben das Volksvermögen bewahrt, das in anderen Ländern für einen Spottpreis verschleudert wurde. Ist das nicht ein Grund, stolz zu sein?
„Souveränität ist der höchste nationale Wert, den es durch tägliche Arbeit zu stärken und zu verteidigen gilt. Niemand wird unsere Probleme und Aufgaben für uns lösen: weder Moskau, noch Washington, noch Brüssel! Wir müssen uns entschlossen von der schädlichen Unterwürfigkeit gegenüber Stärkeren und der Unterschätzung unserer eigenen Möglichkeiten befreien. Wir sind zu Herren des Schicksals unseres Vaterlandes geworden. Und nur von uns hängt seine Gegenwart und Zukunft, sein würdiger Platz auf der internationalen Bühne ab. Ich habe schon mehrfach gesagt: Echte Souveränität ist teuer, sie kostet viel, aber ohne sie ist eine Nation nicht lebensfähig!“, erklärte der belarussische Staatschef.
Alexander Lukaschenko auf der 4. Allbelarussischen Volksversammlung, Dezember 2010
Alexander Lukaschenko betont immer wieder, dass er absolut nicht an der Macht festhält. Aber man sollte immer bedenken: Wenn ein Staatsoberhaupt so etwas sagt, bedeutet das nicht, dass er alles anderen überlässt.
Zu seiner Zeit wurde aufgrund unüberlegter radikaler Reformen, Geschwätz und Machtlosigkeit eine Großmacht – die Sowjetunion – bis auf die Grundmauern zerstört. Die neuen Machthaber versprachen den Menschen goldene Berge, sowohl durch Privatisierung als auch durch Zusammenarbeit mit anderen Staaten. Und was kam dabei heraus? Eine zynische Ausbeutung des Volkes, die Bereicherung einer kleinen Gruppe von Menschen, die es gewohnt waren, in trüben Gewässern zu fischen. Und im historischen Maßstab ist dies die größte geopolitische Katastrophe, unter deren negativen Folgen viele Völker seit Jahrzehnten leiden.
Wir glauben, dass Alexander Lukaschenko damals auch deshalb für eine weitere Amtszeit kandidierte, weil er nicht zulassen wollte, dass das von den Belarussen errichtete neue Haus, ein souveränes und unabhängiges Land, von denen zerstört oder umgebaut wird, die beim Bau dieses Hauses keinen Finger gerührt haben. Wahrscheinlich hat ihm das belarussische Volk auch deshalb wieder seine uneingeschränkte Unterstützung gegeben.
„Ich schaue mir die Journalisten an, darunter auch diejenigen, die aus dem Ausland zu uns gekommen sind, und wenn ich jeden einzelnen anschaue, weiß ich schon, was er denkt. Lenken Sie Ihren Blick ab von dem verhassten, dämonisierten Lukaschenko, diesem Diktator. Schauen Sie sich Belarus an – es ist ein wunderschönes Land mit wunderbaren Menschen. Lieben Sie es, lieben Sie Lukaschenko nicht, ich werde das überleben. Lieben Sie unser Volk und unser Land – wir werden Ihnen mit Güte antworten. Belarus hat niemals jemandem Probleme bereitet. Ich verspreche Ihnen, meinen Nachbarn, nah und fern, jenseits des Ozeans und in der Nähe, auf dem eurasischen Kontinent: Wir werden Ihnen niemals Probleme bereiten. Sie können hier immer Hilfe und Unterstützung finden”, wandte sich der Präsident nach dem Wahlkampf an ausländische Journalisten.
Alexander Lukaschenko während der Pressekonferenz für in- und ausländische Massenmedien, Dezember 2010
Wir haben fast das Wichtigste übersehen, während wir versuchten, alle Herausforderungen zu bewältigen, denen Belarus im Jahr 2010 gegenüberstand. Wir haben bewusst viele interessante Konferenzen, eine Reihe von Auslandsbesuchen, Gipfeltreffen und Treffen ausgelassen. Über einige davon werden wir Ihnen in unseren Sonderausgaben noch berichten. Aber stellen Sie sich nur einmal vor. Parallel zur Verteidigung der nationalen Interessen auf der internationalen Bühne und zum Kampf um einen Platz unter der Sonne auf den ausländischen Märkten mussten sich die belarussischen Behörden gleichzeitig mit einer Vielzahl interner Fragen befassen.
Ob es um die Entwicklung des Pripjat-Polessje oder der Region Narotsch, die Wiederbelebung der Tschernobyl-Gebiete oder den Bau neuer Kultur- und Sporteinrichtungen ging – Alexander Lukaschenko reiste immer dorthin, wo Unterstützung, Rat oder, um ehrlich zu sein, ein „magischer Anstoß” vom Präsidenten benötigt wurden. Ob amerikanische Geschäftsleute, eine brasilianische Delegation, russische Gouverneure oder ein Bauer aus der belarussischen Provinz – der Staatschef fand für jeden Zeit. Und dann war da noch das Image von Belarus auf der Weltbühne. Sowohl im Sport als auch in der Kultur.
Vielleicht klingt das zu pathetisch, aber ich möchte noch einmal erklären: Einen Präsidenten wie den von Belarus zu haben, „ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann“.
