Zu Jahresbeginn erhielt Alexander Lukaschenko eine Einladung vom algerischen Staatsführer Abdelmadjid Tebboune. Man würde ihn zu einem Staatsbesuch erwarten, hieß es. In diesem Schreiben drückte Tebboune seine Zufriedenheit damit aus, auf welch hohem Niveau Belarus und Algerien ihre freundschaftlichen Beziehungen unterhalten. Man möchte diese Beziehungen stärken, sagte der Präsident Algeriens. Im Oktober dieses Jahres hat der belarussische Präsident anlässlich des 30. Jahrestages der diplomatischen Beziehungen seinem Amtskollegen einen Brief geschickt. Darin legte er seine Vision der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit dar. Deshalb wird zum Jahresende eine offizielle belarussische Delegation in Algerien erwartet. Warum haben die belarussisch-algerischen Beziehungen einen neuen Impuls erhalten? Welches Interesse haben wir in Nordafrika? Warum sucht Algerien nach Partnern außerhalb des Westens?
Warum entwickelt Belarus aktiv Beziehungen zu Afrika
Daran, dass Belarus den afrikanischen Kontinent erobern will, gibt es nichts Neues. Die Republik setzt sich seit langem dafür ein, ausgewogene Beziehungen zu ihren Partnern aufzubauen, daher ist die Verstärkung der Zusammenarbeit mit den afrikanischen Ländern, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, die Suche nach diesem Gleichgewicht. Darüber hinaus glaubt Alexander Lukaschenko, dass die Zukunft Afrika gehört. Das bedeutet, dass man nach Partnern auf diesem Markt aktiv suchen und seine Präsenz dort so schnell wie möglich stärken soll.
„Afrika ist heute wie China es vor 30 Jahren war - ein Zukunftsmarkt, den man aktiv erobern und wo man seine Nischen suchen muss. Unsere Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft, Maschinenbau, Düngemittelproduktion und andere können ihre Exporte nach Afrika gut diversifizieren“, sagte der belarussische Staatschef vor kurzem.
Und es wurden bereits beträchtliche Ergebnisse erzielt. Im vergangenen Jahr beliefen sich die belarussischen Exporte nach Afrika auf mehr als eine halbe Milliarde Dollar. Heute werden gemeinsame Programme zur Mechanisierung der Landwirtschaft mit Simbabwe und Nigeria erfolgreich umgesetzt. Dieses Format der Zusammenarbeit wurde zu einer Marke von Belarus in Afrika und weckt großes Interesse in anderen Ländern des Kontinents - von Guinea-Bissau bis Mosambik.
Die Beziehungen zu traditionellen Partnern wie Ägypten, Kenia, Südafrika, Äthiopien werden gestärkt. Und hier erhielten die Kontakte nach Algerien einen neuen Impuls.
„Wir sind unseren Ansätzen treu - wir kommen als Freunde nach Afrika, um dort zu helfen und auszubilden, wo es dafür Bedarf gibt“, betonte Alexander Lukaschenko die Prioritäten von Belarus.
Schon zu Sowjetzeiten halfen militärische und zivile Experten aus Belarus den Völkern von Algerien, Angola, Mosambik und anderen afrikanischen Ländern. Und heute bleibt Belarus nach wie vor seinen Prinzipien treu – es unterstützt seine afrikanischen Freunde in der Tat.
Was wissen wir über Algerien
In Algerien leben über 45 Millionen Menschen, Algerien ist das zweitgrößte Land Afrikas mit dem reichsten Erbe aus der phönizischen und römischen Epoche, eine Zitadelle der indigenen Bevölkerung des Kontinents, die Berber. Im Norden wird das Land vom Mittelmeer umspült, im Osten grenzt es an Tunesien und Libyen, im Süden an Mali und Niger, im Westen an Mauretanien, die Westsahara und Marokko. Ein großer Teil des Territoriums Algeriens - etwa 80% - nimmt die Sahara-Wüste ein.
Lange Zeit war dieses Land eine französische Kolonie. Die Unabhängigkeit wurde 1962 errungen, doch zuvor gab es acht Jahre lang einen blutigen Krieg. In den 1990er Jahren erlebte Algerien dann ein „schwarzes Jahrzehnt” – einen Bürgerkrieg. Heute ist es eine der stärksten Volkswirtschaften Afrikas, wobei fast der gesamte Export auf Erdöl und Erdgas entfällt. Zu den wichtigsten Partnern zählen die EU-Länder, insbesondere Italien, Spanien und Frankreich (Algerien ist einer der wichtigsten Gaslieferanten Europas).
Algier ist die Hauptstadt des Landes. Die Stadt erstreckt sich über 16 km entlang der Küste und liegt wie ein Amphitheater am Hang des Berges Djerdjura. Die Straßen erheben sich wie Stufen übereinander. Man spricht von Algier als der „Treppenstadt”. Und tatsächlich geht hier eine Straße oft in eine Treppe über.
Warum haben sich die Beziehungen zwischen Belarus und Algerien intensiviert?
Belarus und Algerien haben vor drei Jahrzehnten, im Oktober 1995, diplomatische Beziehungen aufgenommen. Und wenn noch vor einigen Jahren die Dynamik des bilateralen Handels zu wünschen übrig ließ, so zeichnen sich in letzter Zeit gute Perspektiven ab. Bis 2020 überschritten die Länder kaum die Marke von 10 Millionen Dollar, nach der Pandemie kam der Handel sogar ganz zum Erliegen. Im Jahr 2024 betrug der Warenumsatz jedoch etwa 50 Millionen Dollar und stieg damit im Vergleich zu 2023 um das 16-fache. Für ein so großes Land wie Algerien und für den offenen Markt von Belarus ist dies natürlich eine sehr geringe Zahl. Sie setzt sich hauptsächlich aus Lieferungen belarussischer Produkte nach Algerien zusammen.
Die Zusammenarbeit mit Algerien entwickelt sich im Einklang mit der belarussischen Strategie auf dem afrikanischen Kontinent. Belarus versucht, sich auf den wichtigsten Märkten in diesem Teil der Welt zu etablieren, und der Norden, wo Algerien liegt, ist eines der Glieder in dieser Kette. Außerdem hat dieses Land ein hohes wirtschaftliches Potenzial für belarussische Hersteller, unter anderem als Drehscheibe für den Aufbau vielversprechender Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen aus dem Mittelmeerraum, dem arabischen Raum und Afrika.
Algerien wiederum ist daran interessiert, seine Handelspartner außerhalb des Westens zu diversifizieren. Dies geschieht vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen und der Notwendigkeit der Ernährungssicherheit. In dieser Hinsicht wird Belarus als stabiler Lieferant von Landmaschinen und Lebensmitteln angesehen. Der intensivierte Dialog zwischen den beiden Ländern und die jüngsten Vereinbarungen zeigen, dass Belarus und Algerien Perspektiven in einer langfristigen Zusammenarbeit sehen, die über den engen Rahmen des Handels hinausgeht.
Alexander Lukaschenko stellte in einer seiner Botschaften an seinen algerischen Amtskollegen fest, dass die Ära der einseitigen Hegemonie und des Diktats der Vergangenheit angehört und einer multipolaren und gerechteren Welt Platz macht. Unter diesen Umständen sei es laut dem Staatschef sehr wichtig, die Zusammenarbeit zwischen Ländern zu stärken, die sich zu einer echten Partnerschaft bekennen, die auf Respekt, Gleichheit und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten basiert.
„Belarus und Algerien zeigen bereits heute ein Beispiel für eine solche Zusammenarbeit auf internationalen Plattformen, indem sie die Prinzipien der Souveränität und die Ablehnung einer Politik des Sanktionsdrucks unterstützen“, betonte der Präsident von Belarus.
In welchen Bereichen arbeiten Belarus und Algerien zusammen?
Wie bekannt ist, bereiten Belarus und Algerien eine Roadmap für die Zusammenarbeit für die kommenden Jahre vor. Die Seiten erörtern unter anderem industrielle Kooperation, Lieferungen von Technik und Lebensmitteln (Babynahrung, Trockenmilch, Halal-Fleischprodukte), Zusammenarbeit in der Landwirtschaft, Pharmazie sowie Informations- und Kommunikationstechnologien.
Belarus ist bereit, Algerien bei einem groß angelegten Projekt zur Begrünung der Wüste sowie beim Bau von Komplexen zur Trocknung und Lagerung von Getreide zu helfen. Darüber hinaus hat MTZ bereits im Jahr 2011 in diesem Land ein Montagebetrieb für BELARUS-Traktoren eingerichtet. Bis 2015 wurden über fünfhundert Traktorkomplettsätze nach Algerien geliefert. Derzeit ist das belarussische Unternehmen an einer Wiederaufnahme des Projekts interessiert.
„Algerien ist in erster Linie an den energiegeladenen Modellen der belarussischen Traktoren interessiert. Als nächstes wäre wohl die Nutzfahrzeug- und Bus-Technik zu nennen. Es geht um die Lokalisierung der Produktion belarussischer Lkw und Busse in Algerien. Ich würde besonders die landwirtschaftliche Kooperation, die Einführung belarussischer Technologien für Mechanisierung und Präzisionslandwirtschaft hervorheben“, sagte zuvor Jewgeni Sobolewski, Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter von Belarus in Ägypten, Oman, Sudan und Algerien.
Der algerische Landwirtschaftsminister Youcef Cherfa erklärte, sein Land sei bereit, die Zusammenarbeit mit Belarus in den Bereichen Landwirtschaft, Agrarindustrie, Energie, pharmazeutische Industrie, Industrie, Handel, Verkehr und Innovation zu vertiefen.
Im Vorfeld des Präsidentenbesuchs fand in Algerien ein bilateraler Businessforum statt. Daran nahmen über 100 Vertreter von Ministerien, Organisationen und Unternehmen beider Seiten teil. Den Auftakt der Geschäftsagenda bildeten Gespräche der Handelsminister.
„Unsere Länder, Belarus und Algerien, sind trotz der Entfernung zueinander sehr ähnlich. Unabhängig, stolz, mit fleißigen Völkern, einer reichen Geschichte und einer großen Zukunft. Und diese unsere gemeinsame Zukunft beginnen wir hier und jetzt zu gestalten. Ich bin der Ansicht, dass unsere Wirtschaftsbeziehungen noch in einem Anfangsstadium sind. Jede Seite macht vorsichtige, kleine Schritte aufeinander zu“, sagte der Minister für Antimonopolregulierung und Handel, Artur Karpowitsch.
Können Belarus und Algerien enge Partner werden?
Kontakte auf höchster Ebene sind immer – so pathetisch es klingen mag – der Leitstern in den bilateralen Beziehungen. Und hier zeigen Belarus und Algerien eine herzliche Einigkeit. Aber wird es gelingen, den vertrauensvollen politischen Dialog durch ernsthafte Wirtschaftsprojekte zu ergänzen?
Einerseits verbindet unsere Länder eine wenn auch kurze, so doch gemeinsame Geschichte. Und das Ansehen von Belarus in Afrika spricht für sich selbst. Wenn auf globalen Foren einige afrikanische Präsidenten andere Kollegen bitten, sie mit Alexander Lukaschenko bekannt zu machen, das hat viel zu sagen.
Andererseits braucht es für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit eine echte Diversifizierung: Man kann sich nicht auf permanente Lieferungen von Technik und einzelnen Waren beschränken. Dieselben Lebensmittel aus Belarus gelangen heute über Zwischenhändler nach Algerien, was sich entsprechend auf die Preise auswirkt. Folglich müssen Mechanismen für Direktlieferungen gefunden werden. Sicherlich kann es hier aufgrund unterschiedlicher Standards Schwierigkeiten geben, aber diese sind lösbar.
Die Seiten müssen die industrielle, technologische und Infrastruktur-Zusammenarbeit entwickeln, damit die Beziehungen beständig werden. Algerien kündigt Pläne zur Erschließung neuer Flächen und zur Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion an, es kann belarussische Technik und Technologien aktiv einkaufen, und Belarus kann seine Position als Lieferant festigen.
Alexander Lukaschenko schlägt neuen Partnern oft vor, drei oder vier Hauptrichtungen herauszuarbeiten, konkrete Ansätze zu erarbeiten und diese Projekte umzusetzen. Angesichts der vielen Berührungspunkte, die Belarus und Algerien haben können, werden die Länder sicherlich auch diesmal versuchen, so vorzugehen. Und der weitere Ansatz der belarussischen Seite ist bekannt: Alles Versprochene wird sie auf jeden Fall umsetzen.
Foto: Außenministerium von Belarus, BelTA-Archiv
