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22 März 2024, 15:58

Für wen läuten die Glocken von Chatyn... Am 22. März jährt sich die Tragödie von Chatyn zum 81. Mal

MINSK, 22. März (BelTA) – In Belarus ist heute Gedenktag. Das Land trauert um die Einwohner des Dorfes Chatyn, das vor 81 Jahren - am 22. März 1943 - von den Nazis niedergebrannt wurde. „Chatyn“ steht symbolisch für Tausende anderer belarussischer Dörfer, die während des Großen Vaterländischen Krieges von den Nazis zerstört wurden. 

Die SS-Leute verbrannten das Dorf Chatyn mit 149 Einwohnern, darunter 75 Kinder. Die Faschisten verhängten ein Todesurteil über die unschuldigen Bewohner. Aus den Häusern des Dorfes warfen sie alte Menschen, Kinder, Frauen und Männer hinaus. Die Kranken und Gebrechlichen wurden mit Gewehrkolben geschlagen. Alle wurden in eine Scheune am Rande des Dorfes getrieben, in der früher Heu gelagert worden war. Die Erwachsenen beruhigten die Kinder, so gut sie konnten, aber die Angst wurde mit jeder Minute immer größer. Eingesperrt, wussten sie nicht, was draußen vor sich ging. 

Zur gleichen Zeit bedeckten mehrere Soldaten die Wände der Scheune mit Stroh, gossen Benzin und steckten das Gebäude in Brand. Die Holzscheune fing sofort Feuer. Die Kinder erstickten im Rauch und weinten. Erwachsene versuchten, die Kinder zu retten. Unter dem Druck von Dutzenden menschlicher Körper versagten die Türen und stürzten ein. In brennenden Kleidern und vom Entsetzen gepackt, ergriffen die Menschen Flucht, aber diejenigen, die den Flammen entkamen, wurden von den Faschisten kaltblütig mit Maschinengewehren und Maschinenpistolen erschossen. 
Zum Gedenken an die Opfer wurde auf dem Gelände des Dorfes die Gedenkstätte Chatyn errichtet. Der Beschluss zum Bau der Gedenkstätte wurde 1966 gefasst. Die feierliche Einweihung des Komplexes fand am 5. Juli 1969 statt. 
Thematisch besteht die Gedenkstätte Chatyn aus mehreren Teilen, hat aber eine einheitliche kompositorische Lösung, die den Grundriss des ehemaligen Dorfes wiederholt. In der Mitte steht eine Bronzeskulptur des „Unbesiegten Mannes“, daneben das symbolische Dach der Scheune, in der die Menschen bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Auf dem Massengrab befindet sich die „Krone der Erinnerung“. An der Stelle jedes der 26 verbrannten Häuser befindet sich ein Holzdenkmal mit einem Obelisken in Form eines Ofenrohrs, auf dem eine Gedenktafel mit den Namen der toten Hausbewohner angebracht ist. Die Obelisken sind mit Glocken bestückt.
Auf dem Gelände des Komplexes befindet sich der weltweit einzige „Friedhof der Dörfer“: 185 Urnen mit Erde aus Dörfern, die während des Großen Vaterländischen Krieges zusammen mit ihren Bewohnern verbrannt, aber nie wieder aufgebaut wurden. Das 186. nicht wiederhergestellte Dorf ist Chatyn selbst.
Ein weiteres Gedenkelement des Chatyn-Komplexes ist der „Baum des Lebens“, an dessen Zweigen in alphabetischer Reihenfolge die Namen von 433 belarussischen Dörfern aufgelistet sind, die von den Besatzern mitsamt ihren Bewohnern niedergebrannt, aber nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden. An der Gedenkstätte "Wand der Erinnerung" befinden sich Tafeln mit den Namen von 260 Todeslagern und Orten, an denen die Faschisten auf belarussischem Gebiet Menschen massakrierten. Die Ewige Flamme brennt im Gedenken an die Opfer.
Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung ds Landes von den Nazis wurde der staatliche Gedenkkomplex „Chatyn“ im Jahr 2004 im Auftrag des Präsidenten der Republik Belarus Alexander Lukaschenko rekonstruiert. Die Rekonstruktion wurde am 25. Juni 2004 abgeschlossen.
Am 18. März 2023 wurde auf dem Gelände der Gedenkstätte Chatyn die Kirche der Geburt der Heiligen Jungfrau Maria eingeweiht, die nach dem Vorbild des ehemaligen Gotteshauses errichtet wurde. Der Nachbau der Kirche war möglich, da das Nationale Historische Archiv Beschreibungen der Kirche aus dem Ende des XVIII. Jahrhunderts aufbewahrt. 

Am 80. Jahrestag der Chatyn-Tragödie wurde in der Gedenkstätte ein neues Museum zur Erinnerung an die Opfer des belarussischen Volkes im Großen Vaterländischen Krieg eröffnet.
Im Jahr 2023 besuchten mehr als 500 Tausend Menschen die Gedenkstätte Chatyn. 

Die Tragödie von Chatyn ist keine zufällige Kriegsepisode, sondern eine von Tausenden von Fakten, die von der Genozid-Politik des Dritten Reiches in Belarus zeugen. Am 8. Februar 2024 begann in Belarus der Prozess gegen Wladimir Katrjuk, der als Henker von Chatyn bekannt ist. Im Herbst 1941 schloss er sich freiwillig der Organisation der ukrainischen Nationalisten an und wurde dann (spätestens im Januar 1943) Mitglied einer bewaffneten kriminellen Vereinigung - des 118. Bataillons der Schutzmannschaft. Als Kommandeur der Einheit verfolgte er zusammen mit anderen SS-Schergen das gemeinsame Ziel, die belarussische Bevölkerung systematisch zu vernichten. Katrjuk gelang es, sich der Verantwortung zu entziehen. Er floh vor der Justiz und lebte bis zu seinem Tod in Kanada. Am 18. März 2024 befand der Oberste Gerichtshof von Belarus Wladimir Katrjuk des Völkermordes, d. h. des Verbrechens nach Artikel 127 des Strafgesetzbuches, für schuldig. Eine Strafe wurde ihm nicht verhängt. 
In der Geschichte der belarussischen Justiz wurde zum ersten Mal ein solcher Prozess durchgeführt. Laut dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt Alexej Stuk ist es wichtig, die Erinnerung an die Heldentaten und Opfer des belarussischen Volkes während des Großen Vaterländischen Krieges zu bewahren, die historische Gerechtigkeit wiederherzustellen und den Grundsatz der Unvermeidbarkeit der Strafe zu gewährleisten. Er betonte, dass dies die erste Gerichtsentscheidung sei, aber nicht die letzte. In naher Zukunft werden weitere Fälle dieser Kategorie an die Gerichte von Belarus weitergeleitet werden. 
Die Gedenkstätte Chatyn gehört zum historischen und kulturellen Erbe des Landes. Menschen aus verschiedenen Ländern kommen hierher, um das Andenken an alle Belarussen zu ehren, die in den Flammen des Krieges umgekommen sind. Chatyn wird für immer ein schreckliches Symbol für Tausende von belarussischen Dörfern bleiben, die während des Großen Vaterländischen Krieges zerstört wurden. Die Glocken von Chatyn sind eine Erinnerung und eine Mahnung zugleich. Eine Mahnung an die ganze Welt: Was hier geschehen war, dar nie wieder geschehen!
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