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08 Juli 2020, 15:36

Joanna Kazana-Wisniowiecki: UNO sieht neue Herausforderungen als Weg zu Innovationen

Frieden, Sicherheit, Vertrauen, Zusammenarbeit. Diese in der UN-Charta verankerten Prinzipien werden in Belarus sehr geschätzt, zumal es große Anstrengungen unternommen hat, um dieses Dokument ins Leben zu rufen. Heute spielen der kollektiver Wille, Dialog, Solidarität und gegenseitige Unterstützung mehr denn je eine wichtige Rolle für das Gemeinwohl. Heute, wo die UNO ihren 75. Gründungstag feiert, wird die Welt von Naturkatastrophen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen erschüttert. Die Vereinten Nationen sehen in der gemeinsamen Bewältigung dieser Herausforderungen auch neue Chancen, einen Weg zu Innovationen. Die ständige Koordinatorin der UNO in Belarus Joanna Kazana-Wisniowiecki erzählte in einem Interview mit BelTA darüber, welche Ansätze die UNO in ihrer Arbeit verfolgt und welche Rolle dabei Belarus spielt.

Kooperationsprogramm Belarus-UNO bis 2025

Belarus ist ein sehr aktives UN-Mitglied und spielt eine führende Rolle in thematischen Diskussionen und Debatten auf globaler und regionaler Ebene. In Belarus legt die UNO den Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Agenda für nachhaltige Entwicklung. Unsere Sonderorganisationen unterstützen das Land beratend bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen und bei der Implementierung des Nationalen Plans für Menschenrechte.

Belarus hat sich in den letzten 30 Jahren aus einem Nehmerland in ein Land mit mittlerem Einkommen verwandelt. Für die nachhaltige Entwicklung ist das in guter Indikator. Belarus stellt ein gutes Beispiel für einen Staat mit geringer Einkommensdifferenz und einem ständiges Engagement beim Umweltschutz dar.

In der heutigen Krise braucht Belarus mehr Innovationen, Investitionen und langfristige Programme, um den Fortschritt zu beschleunigen und Nachhaltigkeit zu stärken. Diesem Ziel dient das neue Rahmenprogramm für die Kooperation mit der UNO.

Schwerpunkte des Rahmenprogramms

Insgesamt gibt es 4 Schwerpunkte im Programm:

1. Sicherung des Wirtschaftswachstums, und zwar Förderung der grünen, nachhaltigen, integrativen Wirtschaft.

2. Menschen, Jugend, ältere Personen.

3. Digitale Transformation und Innovationen.

4. Gleichstellung der Geschlechter

Positive Kooperationsbeispiele

In den Staaten mit einem hohe Einkommen werden die Aktivitäten zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklung hauptsächlich aus dem Staatshaushalt finanziert. Wie die Einschätzungen aus dem Jahr 2018 ergaben, lag dieser Anteil in Belarus bei 78%. Die restlichen Mittel waren Mittel, die von den Sponsoren und anderen Gebern kamen. Die UNO spielt dabei eine unterstützende Rolle. Die Hauptakteure sind der Staat und seine Sozialpartner.

Heute gilt es, mehr aktiv zu handeln und Verpflichtungen zu übernehmen. Es ist an der Zeit, die Zielwerte in den nationalen Aktionsplan und die regionalen Entwicklungspläne zu integrieren. Im Jahr 2020 steht die langfristige Entwicklung im Mittelpunkt der Aktivitäten der belarussischen Regierung. In diesem Jahr hat sie auch mit der Ausarbeitung einer neuen nationalen Strategie für nachhaltige Entwicklung bis 2035 begonnen.

Sonderfall Belarus

In den Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen setzt die UNO vor allem auf das Instrument der Partnerschaft. Aber in Belarus sehen wir auch einen Trend zu einer wachsenden Rolle der Partnerschaft mit dem privaten Sektor, der Zivilgesellschaft. So gibt es beispielsweise beim Rat für Nachhaltige Entwicklung eine Partnergruppe, die sich sowohl aus Parlamentsmitgliedern als auch aus den Vertretern der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammensetzt. Sie spielen eine zunehmende Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung von Programmen und Plänen. Und wir freuen uns sehr, eine Plattform für Dialog und Zusammenarbeit zu präsentieren, auf der man verschiedene Entwicklungsprobleme sowohl aus der Sicht des Staates und der Zivilgesellschaft als auch aus der Sicht der Wirtschaft betrachten kann.

Was Belarus zu einem Sonderfall macht, ist die Tatsache, dass man im Gesamtportfolio der von der UNO finanzierten Projekte keinen Anteil der belarussischen Regierung finden wird. Gewöhnlich nutzt die Regierung in anderen solchen Ländern (Kasachstan, Montenegro, Türkei) das UNO-System zur Umsetzung ihrer eigenen Programme.

Laut unabhängigen Expertenberichten zeichnet sich Belarus auch dadurch aus, dass staatliche Stellen und Institutionen ihre Programme effektiv umsetzen. Eben deshalb müssen wir uns auf die Bedürfnisse einstellen und nicht nur Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten anbieten, was nach wie vor unsere starke Qualität ist, sondern vor allem die modernsten und innovativsten Lösungen im Rahmen der technischen Hilfe nach Belarus bringen.

Belarus erwägt den Einsatz unserer Beschaffungssysteme. Auf diese Weise können in Belarus z.B. Medikamente, qualitativ hochwertige pharmazeutische Produkte zu einem besseren Preis angeboten werden.

Was die Ressourcen anbelangt, so möchte ich die Ergebnisse der letzten fünf Jahre zusammenfassen. Seit 2016 haben die UNO-Sonderorganisationen in Belarus insgesamt 70 Millionen Dollar für Programme mobilisiert. Ich denke, dass dieser Betrag bis Ende dieses Jahres und dieses Jahrfünfts auf 80 bis 85 Millionen Dollar ansteigen wird. Unsere Geber sind die Europäische Union (auf sie entfallen 37 Prozent der Gesamtfinanzierung), die Globale Umweltfazilität (17%), die Russische Föderation (12%) und der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (10%). Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Geber, Privatunternehmen und Länder, die bis zu 2% der Gesamtmittel bereitstellen. Dazu gehören die USA, Großbritannien, Polen, Dänemark, Deutschland, Schweden, die Schweiz, die Niederlande, Luxemburg, Japan, Norwegen, Estland, Kanada, die OSZE und die Weltbank.

Konkrete Errungenschaften

Die UNO pflegt eine enge Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor, dort sind die meisten Beispiele für eine erfolgreiche Kooperation zu suchen. Zum einen ist das die nationale Architektur zur Erreichung der SDGs. Wir haben auch die Entwicklung eines ordnungspolitischen Rahmens für die spätere Umsetzung der Strategie der nachhaltigen Entwicklung wesentlich unterstützt. Unsere gemeinsame Errungenschaft ist zum Beispiel die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes zum Schutz der Sümpfe (Torfgebiete) in Belarus. Und dies ist das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen, die seit etwa 15 Jahren unternommen werden. Ein weiteres Beispiel ist der Kapazitätsausbau für die Erbringung moderner Dienstleistungen für die so genannten gefährdeten Gruppen. Oder die Gründung „kinderfreundlicher Städte“, wo die junge Generation in ihren Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, Entwicklung, Bildung und Freiwilligenarbeit nicht eingeschränkt wird, wo Gleichaltrige einander unterrichten und wo auf diese Weise das Selbstwertgefühl erhöht wird.

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist die Arbeit im Bereich Flüchtlings- und Migrationspolitik. Die Republik Belarus sollte bald das Übereinkommen zur Verringerung der Staatenlosigkeit ratifizieren, was ein bedeutender Erfolg der gemeinsamen Arbeit der UNO und staatlicher Migrationsbehörden ist. Auch der WTO-Beitritt des Landes ist ein Bereich, in dem UN-Experten umfangreiche fachliche Unterstützung geleistet haben. Und schließlich sprechen wir von der Arbeit mit anfälligen Gruppen, etwa mit HIV-positiven Menschen, von der Schaffung eines Mechanismus zur Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt. Diese Errungenschaften stehen in direktem Zusammenhang mit unseren technischen Hilfsprojekten.

Bei unserer Evaluierung der SDGs haben wir nicht nur die erzielten Ergebnisse betrachtet, sondern auch, wie gut die Zusammenarbeit zwischen den lokalen Organisationen und Strukturen etabliert ist und wie wirksam die geleistete Hilfe ist. Wir sehen, dass die Zusammenarbeit auf der Ebene der einzelnen UN-Projekte effektiv ist, aber auf der strategischen Koordinationsebene fehlte etwas. Und die Umsetzung von Programmen im Wert von 70-80 Millionen Dollar setzt ein ständiges strategisches Management und die Zusammenarbeit mit nationalen Institutionen voraus. Diese Art der Zusammenarbeit könnte durch den Koordinierungsrat der Kommission für internationale technische Zusammenarbeit beim Ministerrat der Republik Belarus eingerichtet werden.

Ich glaube, dass es Möglichkeiten gibt, unsere Arbeitsmethoden zu verbessern. Nach der UN-Reform haben sich einige Möglichkeiten ergeben. Mein Büro kann die in Belarus tätigen UN-Organisationen durch gemeinsame Berichterstattung und Überwachung der durchgeführten Programme wirksamer unterstützen. Unsere Sonderorganisationen arbeiten bereits viel kohärenter. Ich rechne in der Zukunft viel mehr auf die Regierung und den nationalen SDG-Koordinator als strategischen Partner.

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